Die Rheinpfalz, 13. Januar 2009
VON GABOR HALASZ
Konzert, Mannheim, 11. Januar 2009
Sphärisches Flüstern
Star-Tenor Jonas Kaufmann in Mannheim
Jubel beim Besuch des großen Sängers im Mannheimer Rosengarten. Um den gefeierten Münchner Tenor Jonas Kaufmann brandeten Beifallsstürme bei seinem Starauftritt im voll besetzten Mozartsaal. Beteiligt am überwältigenden Erfolg waren auch die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und der Dirigent Michael Güttler, die den Spitzensänger begleiteten.

Wirklich aufregend wurde es diesmal nach der Pause. Dann erst war Kaufmann in Bestform zu erleben, kamen die musikalischen Offenbarungen. Der Fairness halber: Kaufmann hatte vermutlich mit einer lndisposition zu kämpfen — am Freitag musste er noch sein Stuttgarter Konzert absagen. Außerdem sei klargestellt, dass er — souverän, eminent kultiviert, mit außergewöhnlich wachem Gespür für Detailfeinheiten singend —auch im ersten Teil für hohe Ansprüche einstand.

Sein kostbarer Tenor klang aber —besonders bei Cavaradossjs erster Arie aus „Tosca“ und in „Che gelida manina“ aus „La Bohème“ — nicht ganz ausgeglichen. Immer wieder wurden einzelne Töne oder Tonfolgen kehlig eingepresst, was sich auf die Kontinuität der Gesangslinie auswirkte. Auch schien die Stimme etwas zu gewichtig für die beiden Stücke, und letztlich gehörten einige Vortragsnuancen eher in die stilistische Sphäre Wagners und des deutschen Kunstlieds.

Endgültig freigesungen hatte sich Kaufmann — nach Lionels elegant, mit feurigem Elan präsentierter Arie aus Flotows „Martha“ — mit Werthers Arie aus dem dritten Akt von Massenets gleichnamiger Oper, die er hoch expressiv, mit verzweifelter Leidenschaft formte.

In der zweiten Konzerthälfte folgten die faszinierenden Höhepunkte: Cavaradossis zweite Arie („E lucevan le stelle“) gelang ihm wesentlich überzeugender als zuvor die erste. Dann aber die „Blumenarie“ aus „Carmen“ und Lohengrins „Gralserzählung“! Sie wurden zu wahren Sternstunden des Operngesangs. Da war jede Phrase, jeder Ton ein Erlebnis für sich.

Beide Arien legte Kaufmann über weite Strecken betont leise an. Beeindruckte seine Pianokultur schon im ersten Teil, so wirkten im zweiten seine Zwischentöne, Farbvaleurs und Akzentuierungen wahre Wunder. Die aufsteigende Tonleiter gegen Ende der „Blumenarie“ hört man fast nie so, wie sie in der Partitur steht, nämlich immer leiser werdend und auf dem hohen B im hauchzarten Pianissimo verklingend. Kaufmann servierte das vokale Kunststück phänomenal, bravourös und unerhört sensibel.

Die „Gralserzählung“, zu der sich der Spitzensänger großzügig Zeit nahm, erhielt dann in seiner subtil verklärten Interpretation eine ganz unverwechselbar eigene, nachgerade magische, poetisch entrückte Aura. Kurz: Es fällt schwer, sich an vergleichbar beglückende Wiedergaben dieser beiden Stücke zu erinnern.

Unter Michael Güttlers überlegener Leitung begleitete die Staatsphilharmonie konzentriert und flexibel den Solisten und setzte zudem ansprechende eigene Akzente mit sinfonischen Stücken aus Opern von Rossini, Weber, Mascagni, Verdi, Bizet und Wagner. Begeisterte Ovationen zum Schluss und drei Zugaben: Federicos Lamento aus Francesco Cileas „Arlesiana“, „Non ti scordar di me“ („Vergiss mein nicht“) von Ernesto De Curtis und „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem „Land des Lächelns“.






 
 
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