Augsburger Allgemeine, 7.7.2009
Rüdiger Heinze
Wagner: Lohengrin, München, 5. Juli 2009
Auszug
 
„Schaut man sich einen „Lohengrin“ an, um fünf Stunden Häuslebauen mitsamt Einweihung und Trennung von Erika und Otto Mustermann zu erleben? Oder eine tragische Mittelstands- Story frisch für die Bühne aus deutschen Landen? Oder das Platzen eines durchschnittlichen Traums? Wo bleibt der heikle politische Aspekt des Stücks? Wo die Psychologie der Protagonisten? Wo die Gefahr durch das opportunistische Volk? Nichts, nichts, nichts. Stattdessen: Wagners Utopie auf ein banales, alltägliches Küchen(un)glück reduziert. Nicht, dass der Abend misslang, ist ein Skandal – das kann und darf immer passieren. Doch dass die allzu einfältige Idee eines Kurzdenkers nicht rechtzeitig ausgebremst wurde, dies verärgert. Wovon bleibt darüber hinaus zu berichten? Vom Debüt des Münchners Jonas Kaufmann, der einen dunkeltimbrierten, ahnungsvollen Lohengrin gibt, keinen Strahlemann. (Er soll 2010 auch in Bayreuth singen, zu wünschen sind ihm dazu mehr Reserven.) Von Anja Harteros, die eine schöne, ungekünstelte, leuchtende Elsa ist (mit winzigen Anstrengungen im ff), von einem überragenden Christof Fischesser als König Heinrich und einem prägnanten Evgeny Nikitin als Heerrufer. Das böse Paar Telramund/Ortrud war stimmlich nicht vollends kontrolliert durch Wolfgang Koch und Michaela Schuster besetzt. Kent Nagano und dem Bayerischen Staatsorchester gelangen zwar schöne, spannungsvolle Steigerungen, doch diese mündeten regelmäßig in überreiztem Pathos. Kaum je hat man die Tuba lauter gehört als in diesem „Lohengrin“. Dazu kamen – in durchaus einfühlsamen Momenten – Intonationstrübungen des Holzes. Tadellos der Chor. Begeisterung für alle Musiker.“






 
 
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