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Tagesspiegel vom 21.01.2009 |
(Jetzt kommt der Ratlose, der sich widersprechende, der auch nicht so
recht zählen kann (es waren 5 Romantic Arias und zwei nicht minder
romantische Arien, die nicht von der CD stammten)
Matthias Nöther |
Konzert Berlin, 19. Januar 2009
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In die falsche Richtung
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Ist es unfair zu sagen, dass der Star des Abends das Orchester ist, die
Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz? Eingekauft war sie eigentlich
nur zur Begleitung des Startenors Jonas Kaufmann in der Philharmonie. Da
das Programm nur sechs der versprochenen „Romantic arias“ enthält, gibt es
für das Orchester unter Leitung von Michael Güttler noch eine Menge Zeit,
und die wird weidlich ausgekostet. Faszinierend die Präzision der
Streicher bei den technisch heiklen Auftakten von Webers
„Oberon“-Ouvertüre, rund und transparent der Klang der Bläser in der
Ouvertüre zu Verdis „Forza del destino“. Und Jonas Kaufmann? Macht den
Zuhörer ratlos. Der dunkel-satten Grundfarbe seines Timbres kann und will
man sich nicht entziehen. Kaufmanns Stimme ist mittlerweile groß, schwer,
baritonal und will mit einigem Aufwand bedient werden. Die Gewürzzutaten
des italienischen und französischen Repertoires, die Schluchzer, das Piano
im Falsett bietet Kaufmann zwar an, doch sind sie nicht in die Stücke
eingearbeitet. Einen Vorgeschmack auf sein Münchner Lohengrin-Debüt im
Juli gibt der Tenor am Ende mit der Gralserzählung. Wagners tenorale
Lichtgestalt als Aufgabe für einen Fast-Bariton? Hier wird eine Tradition
des Wagnergesangs wiederbelebt, die man glücklich überwunden glaubte.
Leserkommentare
von marinanina | 20.01.2009 22:47:46 Uhr
klassik in die falsche Richtung
Ich bin es langsam leid, dass ein international hochgelobter Tenor in
Deutschland ständig niedergemacht wird, ein Tenor, der höchste Ansprüche
erfüllt. Man beachte die Kritiken in Paris, London, Chicago usw. Ich
verfolge seinen Werdegang seit einigen Jahren. Er singt jede Oper
stilgerecht und mit ausgezeichneter Diktion. Wahrscheinlich mögen deutsche
Kritiker keine baritonal gefärbten Stimmen, die doch so viel aufregender
klingen. Selbst Rolando Villazon hat ihn in London zu seinem Cavaradossi
beglückwünscht. Zudem ist er ein ausgezeichneter Darsteller und läßt auch
hier keine Wünsche offen. Sein Pariser Alfredo und Florestan waren
grandios, ebenso sein Don Jose in London. Wahrscheinlich müssen für
Deutschland gute Tenöre einfach Südländer sein, sonst zählen sie nicht.
Für mich ist er der zur Zeit vielfältigste und beste Tenor. Oder ziehen
Sie etwa Paul Potts vor?
von kritikzurkritik | 21.01.2009 02:01:30 Uhr
Danke!
Sie haben vollkommen recht.
Nicht zu vergessen der Riesenerfolg als Des Grieux in Manon in Chicago,
darüber hat die deutsche Presse ja nicht einmal berichtet.
von kritikzurkritik | 21.01.2009 01:56:44 Uhr
Deutsche Kritiker
Ich habe nichts anderes erwartet, die deutsche Presse stellt sich mal
wieder selbst ein geistiges Armutszeugnis aus. Dieser Schreiberling ist
nicht ratlos, sondern ......
Ich war in dem Konzert. Jonas Kaufmann hat 11 Arien und Lieder gesungen,
davon 6 von der CD Romantic Arias, die Gralserzählung, 4 Zugaben. Der
Zugabenteil dauerte insgesamt 28 Minuten, davon entfielen 13 Minuten auf
die musikalischen Beitrage. Soweit zur Statistik. Was also haben die
Zuschauer die restlichen 15 Minuten zwischen und nach den Zugaben getan?
Sich beklagt, dass Jonas Kaufmann baritonal klingt, aber dennoch mühelos
über 3 Oktaven incl des ach so gefürchteten C singen kann (und noch höher
hinauf kann wenn es gefordert ist). Nach der vierten Zugabe gab es immer
noch Standing Ovations, 5 Minuten lang. Die Zuschauer tobten. Es war ein
Triumph sonder Gleichen.
Das Orchester war wirklich sehr nett, bis auf einige Schwächen bei den
Bläsern, und den Dirigenten halte ich für ein wirkliches Talent. Um aber
das Orchester als Star des Abends zu bezeichnen müsste es schon für die
Orchesterstücke mehr Applaus gegeben habe. Sehe ich das richtig? Das war
aber nicht der Fall. Bei weitem nicht.
Ich verstehe nicht, dass die deutsche Presse keine Angst hat sich
lächerlich zu machen, natürlich gibt es von jedem Konzert Mitschnitte, die
das Gegenteil beweisen.
Das gleiche gilt für den Fidelio in Paris. Mir sind 42 Kritiken davon
bekannt, hauptsächlich, französische versteht sich, aber auch aus anderen
Ländern. Von den 42 sind 39 ausgezeichnet. 2 enthielten negative
Seitenhiebe und einer war total hirnlos. Natürlich stammten die letzteren
von deutschen Schreibern, was sonst. Ist das nun mangelnder Sachverstand
oder reine Gehässigkeit. Auf jeden Fall ist es traurig! Für die Kritiker
der ganzen Welt ist Jonas Kaufmann ganz oben, aber im eigenen Lande
schreibt man Trash über ihn.
Auch für mich, aber auch für wirklich kompetente Kritiker, die es
anscheinend nur im Ausland gibt, ist er auch DER Tenor.
von konzertbesucher | 21.01.2009 22:35:52 Uhr
echt ratlos
Ratlos sollte man nicht unbedingt sein, will man eine ernst zu nehmende
Kritik verfassen, die im übrigen doch sehr "inspiriert" von einschlägigen
Handbüchern klingt, und so auch nicht nachvollziehbar ist. Hinsichtlich
der "tenoralen Lichtgestalt" haben wir, bei allem gebotenen Respekt
Sängern gegenüber, augenblicklich die Wahl zwischen androgynen Buben, eher
gemütlichen, gewichtigen Herren, schlecht deutsch sprechenden Vertretern,
und unflexiblen, oder eher mächtigen Stimmen, was Herrn Wagner wohl auch
nicht gefallen würde. Vielleicht sollte man einem Lohengrin, der mit
großer Bühnenpräsenz sowohl den lyrischen als auch den eher dramatischen
Anteilen dieser Rolle gerecht werden sollte, und der, gemessen am bisher
gehörten beileibe nicht dem angesprochenen Traditionscliche entspricht,
zumindest eine Chance geben, bevor man urteilt.
von rumaha | 22.01.2009 19:19:32 Uhr
In die falsche Richtung
Hier wird nicht nur der Künstler, sondern auch das Publikum arrogant
ironisiert! Vergleicht man die ausländischen Kritiken mit der deutschen,
wird man wütend! Wahrscheinlich spielen hier auch persönliche Animositäten
eine Rolle, welche - bleibt der Phantasie überlassen. Es gibt derer
viele....
Tatsache aber ist, daß Jonas Kaufmann`s Stimme gerade durch seine warme
baritonale Mittellage, auf der ja auch seine strahlende Höhe fußt, ein
Tenor mit endlich mal viriler Ausstrahlung im Gegensatz zu den vielen
hellen, weissen Tenören ist, und dadurch weitaus interessanter klingt. Und
wer da sagt,er sänge unnuanciert, sei wenig biegsam, besäße keine
Gestaltungsfähigkeit und was der abträglichen Eigenschaften mehr sind, dem
spreche ich die Fähigkeit der richtigen Beurteilung ab. Bevor man Kritiken
schreibt, sollte man Kenntnis von der Materie haben. Aber die bleibt
wahrscheinlich auf der Strecke, wenn man zu viel Rock- und Popkonzerte
hört!
Ich kenne z.Zt. keinen Tenor (und hier bin ich nicht alleine) der fähig
ist, mit seiner Stimme Emotionen und Stimmungen so auszudrücken, daß man
auch ohne Worte versteht, von was er da singt. Seine Pianokultur ist
unwahrscheinlich. Dazu kommt seine charismatische Bühnenpräsenz. Warum
wohl ist das Ausland so von ihm begeistert ? Auf sein Aussehen alleine
kann er sich da wohl nicht verlassen - wenn da kein Können dahintersteht,
ist er schnell weg vom Fenster. Und was seine Gralserzählung angeht - ich
bin davon überzeugt, Wagner hätte ihm Blumen geschickt !Soweit das Urteil
einer ehemaligen Sängerin, die sehr wohl versteht, um was es geht.
von jonlionel39 | 23.01.2009 16:55:04 Uhr
Klassik in die falsche Richtung
ich finde es auch sehr merkwürdig, dass Kritiker oft meinen, anders bewerten
zu müssen,als der "Kunde". Es scheint so, als ob man einfach nur das
Gegenteil behaupten muss, um dem mündigen Bürger sein Urteilsvermögen
abzusprechen. Jonas Kaufmann singt mit dem Herzen, davon kann sich jeder,
der es will, überzeugen. Er berührt seine Zuhörer, so sie es zulassen. Er
ist trotz seines enormen Erfolgs normal geblieben. Ich hatte nie etwas für
die Oper übrig, weil mir die meisten Protagonisten zu schal und zu
oberflächlich waren, alle Stimmen klangen irgendwie gleich langweilig. Mit
ihm haben wir endlich jemand, der diesem Genre Farbe verleiht.Aber
vielleicht versteht man das nur, wenn man auch mit dem Herzen zu hört. Ich
gehe nicht davon aus, dass sich Jonas durch die Kritiken irritieren
lässt.Sie sich die Tinte einfach sparen können.
Sie können ihm schlicht nicht das Wasser reichen.
Machen Sie weiter so, Herr Kaufmann!!!
Dazu auch Olles Artikel:
Jonas Kaufmann and German Critics
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