Opernglas
W. Kutzschbach
Konzert, Montpellier, 31.7.2008
Natalie Dessay/Jonas Kaufmann
Zum Abschluss gab sich das auf Raritäten spezialisierte Festival opulent: mit Natalie Dessay und Jonas Kaufmann als außergewöhnliche und höchst interessante Paarung für ein Recital. Natalie Dessay, in Frankreich einer der ganz großen Stars, sieht ihre Zukunft indes nicht mehr so sehr in der Produktion von Spitzentönen und isolierenden Konzertabenden, sondern in der das Schauspielerische betonenden Verkörperung von Opernfiguren. Für 2010 hat sie sogar Opernauftritte zurückgelegt, um drei Monate in Paris in einem Theaterstück von Thomas Bernhard aufzutreten.

Insbesondere mit dem Finale des ersten Aktes von Verdis »La Traviata« zeigte sie auf, wohin die weitere Entwicklung verlaufen dürfte. Hier fing sie mit traumwandlerischer vokaler Sicherheit die schwankenden Stimmungen der Violetta ein, da stand nicht so sehr der betörende Wohlklang eines sinnlichen Timbres im Vordergrund, sondern die zusätzliche Dimension, die sie jedem Wort, jeder Phrase, jedem Übergang durch ihre Stimme hinzufügte. Standing Ovations noch vor dem Ende war die adäquate Reaktion des Publikums —und ein Appetitanreger auf das Rollendebüt in Santa Fe.

Da Natalie Dessay mit dem etwas zurückhaltend agierenden Jonas Kaufmann hervorragend harmonierte, scheint nicht zuletzt wegen der leidenschaftlichen Saint-Sulpice-Szene demnächst bei »Manon« in Chicago ein neues Traumpaar der Oper vorprogrammiert. Der 39-jährige Tenor aus München dürfte inzwischen endgültig zur Weltspitze aufgeschlossen haben. Vor allem die beiden Duettszenen aus »Manon« und »Roméo et Juliette« bewiesen seine stimmliche Affinität zum französischen Repertoire mit perfekter Diktion und Phrasierung. Ganz ohne eitle Zurschaustellung stimmlicher Ressourcen formte er die Blumenarie aus »Carmen« fast durchweg im Piano und Mezzavoce sehr intim gehalten, und mit einem kunstvollen Einsatz der Voix-mixte im Schlusston war er Bizet stilistisch näher als manch südländischer Kollege mit mediterranem Schmelz.

Dirigent Michael Schønwandt leitete mit viel Verve das Orchestre National de Montpellier Languedoc-Roussilon, zuweilen allerdings in einer die Sänger zudeckenden Lautstärke.
 






 
 
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