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Wiener Zeitung, 21. Februar
2007 |
Von Oliver Schneider |
Mozart: Die Zauberflöte, Zürich, 17. Februar 2007
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Königin im Kühlschrank
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Zürich: "Zauberflöte" von
Harnoncourt und Kušej gegen den Strich gebürstet |
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Nikolaus Harnoncourt kennt keine Routine. Auch
nicht, wenn er zum dritten Mal eine Neuinszenierung von Mozarts letzter Oper
betreut. Er präsentiert ein vom Schlendrian befreites fesselndes, wenn auch
trockenes Hörerlebnis, zwingt die Musiker zu prägnanter Artikulation und
bekennt sich kompromisslos zu subtiler Langsamkeit mit deutlichen Pausen.
Paminas und Papagenos zögerliches "Schnelle Füße, rascher Mut" lässt bereits
musikalisch das Scheitern des Fluchtversuchs aus der gefühllos-kalten
Gesellschaft der Eingeweihten ahnen. Ganz ungewohnt sieht Harnoncourt auch
Paminas g-moll-Arie im zweiten Aufzug. Sie ist bei ihm der wütende Ausbruch
einer jungen Frau, die sich von ihrem Geliebten verraten fühlt. Nichts von
pathetischer Trauer, die zu einer Frau in Paminas Alter nicht recht passen
will.
Vorzügliches leistete am Premierenabend das vornehmlich junge
Sängerensemble, vor allem Julia Kleiter als Pamina mit beweglich, schlanker
Stimmführung und der Schweizer Ruben Drole als charmanter, unwienerischer
Papageno. Als Tamino ist kurzfristig Jonas Kaufmann eingesprungen, der
dem Prinzen seine schwerer gewordene, baritonal timbrierte Stimme verlieh.
Elena Mosuc wertete die Königin der Nacht zu einer vom Leben gezeichneten
Mutter auf. Matti Salminen war ein sonorer, aber farbloser Sarastro.
Die Suche nach Liebe
Für Regisseur Martin Kušej sind Pamina und Papageno zwei nach Liebe suchende
Menschen in einer Welt, in der Gut und Böse sich nur schwer unterscheiden
lassen und kühle Rationalität dominiert. Auf einer Drehbühne mit
fensterlosen Räumen wird Mozarts Werk in einer neuen Dialogfassung
bebildert.
Auch wenn das Bühnenbild von Rolf Glittenberg stammt, erinnert das Ganze
stark an Ku š ejs Salzburger "Don Giovanni". Statt einer Schlange bedrohen
viele kleine Schlangen Tamino, aus den Sklaven werden junge Mädchen, die wie
Pamina im Reich des Sarastro gefangen gehalten werden. Die Priester gehören
einem antiquierten Männerzirkel an und beweisen Mut durch Mensurenfechten.
Frauen interessieren nur als Sexobjekte. Dass es um die Welt der Königin der
Nacht nicht besser bestellt ist, beweisen die drei blinden, lüsternen Damen.
Kušej und Harnoncourt entlarven die Welt Sarastros szenisch und musikalisch
als hohlen Schein. Auch Tamino ist Teil dieser Scheinwelt.
Ungläubig schauen sich er und Pamina nach bestandenen Prüfungen an, ob sie
wirklich ein glückliches Paar werden können.
Eine insgesamt valable Alternative zu den üblichen Inszenierungen. Ob man
aber dem Werk wirklich gerecht, wenn man es im Aussagegehalt derart
reduziert und Facetten wie die Freimaurersymbolik, die Aufklärung und das
Märchenhafte ganz ausblendet, ist eine andere Frage. |
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