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Online Musik Magazin |
Von Rainhard Wiesinger |
Beethoven: Fidelio, Zürich, 21. 01. 2007
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Neuer Stern am Tenorhimmel
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Hätte
Nikolaus Harnoncourt diese Wiederaufnahme nicht zurückgelegt, wäre Alexander
Pereira der Coup gelungen, an seinem Haus binnen 24 Stunden gemeinsam mit
Marc Minkowski und William Christie drei Spitzenkräfte der
Originalklangbewegung präsentieren zu können. Mit Marc Minkowski konnte ein
vollwertiger Ersatz aufgeboten werden. Seine Sicht des Fidelio ist deutlich
weniger aggressiv als die Harnoncourts: Minkowski, der sich in Zukunft
generell mehr dem romantischen Repertoire widmen möchte, setzt auf ein
symphonisches Klangbild mit organisch fließenden Tempi sowie federnden
rhythmischen Akzenten. Vielleicht hätte man sich trotz der unaufdringlichen
Detailarbeit passagenweise mehr eigenständiges Profil erwartet, das
entscheidende, den Spannungsbogen nie abreißen zu lassen, ist Minkowski
jedenfalls gelungen.
Die größte Überraschung bot an diesem Nachmittag Jonas Kaufmann in der
Partie des Florestan: Dem beeindruckenden und Crecendo am Beginn seiner Arie
folgte ein immer wieder mit dunkel strahlenden Spitzentönen gekröntes
differenziertes Rollenporträt das die Vermutung nahe legt, dass hier in
absehbarer Zeit mit einem neuen Wagnerinterpreten zu rechnen ist. Das
Züricher Publikum konnte ihn ja bereits als Parsifal erleben. Camilla Nylund
ist eine Leonore mit geschmeidigen Legatobögen und treffsicherer Höhe, die
allerdings zu unangenehmen Färbungen neigt. Ihre darstellerische Intensität
kompensiert jedoch diesen stimmlichen Schönheitsfehler. Weltklasseniveau
ohne Abstriche bot Matti Salminens Rocco: Die präzise Artikulation und sein
nach wie vor satter Bass werten die oft unterbesetzte Partie enorm auf. Mit
Routine bewältigt der schon etwas müde klingende Alfred Muff den Pizarro,
stimmliche Autorität blieb er schuldig.
Jürgen Flimm belässt das Stück in seiner Inszenierung im historischen
Kontext und baut auf eine markante Personenregie, die aus Jaquino einen
Gehilfen Pizarros macht, der diesen vor den Augen des Ministers erschießt,
als er erkennt, dass die Zeit des Diktators abgelaufen ist. Rolf
Glittenbergs Bühnenbild ist einfach gehalten, ein blaues Quadrat
symbolisiert in der Mitte den Gefängnishof. Wenn bei Florestans „Gott welch
Dunkel hier“ die Bühne tatsächlich stockfinster wird empfindet man dies nach
zahllosen musikwidrigen Inszenierungen des Stücks beinahe schon als
originellen Einfall.
FAZIT
Eine gelungene Wiederaufnahme! |
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