Der Neue Merker
Alex Eisinger
Puccini: La Bohème, Zürich, 4. Dezember 2007
So schön kann Bohème sein
LA BOHÈME vom 19.12.2007 am Opernhaus Zürich.
Erstmals seit der Première und der sich anschliessenden Aufführungsserie im Sommer/Herbst 2005 ist die von Philippe Sireuil inszenierte "La Bohème" diesen Monat wieder im Spielplan aufgetaucht: speziell neugierig auf diese Wiederaufnahme machten insbesonders die "neuen Sänger" für die zwei Hauptpartien Mimì und Rodolfo, sowie zwei der vier Nebenrollen, Musetta und Colline.

Nun, schon nach wenigen Minuten Aufführungsdauer wurde klar wie intensiv und genau mit den zwei neuen Bohèmiens und deren Freundinnen geprobt worden war, dass da im Opernhaus Zürich kein laues Süppchen aufgewärmt werden würde (was ja auch schon, wie an vielen Häusern, ab und an mal leider geschieht !)...
Einige wenige symbolhaft-plakative und extravagante Effekte der Inszenierung wurden gewinnbringend eliminiert oder eingeglättet, ohne dass ein echter Grund bestünde über eine Verfälschung der Original- Regie zu lamentieren.

Und trotzdem empfand ich die heurige Bohème ganz anders: bei der Festspiel-Première sangen Marcello Giordani und Cristina Gallardo-Domâs (beide an den Riesenraum der MET und andere grosse Opernhäuser gewohnt) erfolgreich das sich findende und später sich trennende Liebespaar mit grosser Emphase, den Rahmen des vergleichsweise kleinen Zürcher Hauses fast sprengend; es war vornehmlich ein Festschmaus für Stimmfetischisten ... passend dazu und auch diesmal wieder dabei ein öfters mal mit schönem Wohlklang saftig auftrumpfender Michael Volle als Marcello und Cheyne Davidson als prägnanter Schaunard. Dazu als vierter im Bunde der neu ans Haus verpflichtete Andreas Hörl als Colline, der seine Partie zuverlässig ausgestaltete, ohne das Publikum mit der Mantelarie im Schlussakt von den Sitzen zu reissen. Dazu Christiane Kohl als neue Musetta, stimmlich und darstellerisch durchaus präsent, jedoch nicht fähig die Erinnerung an ihre Rollenvorgängerin Elena Mosuc auszulöschen.

Das Orchester unter Carlo Rizzi musizierte wach, sensibel, sehr aufmerksam.
Doch nun zum eigentlichen Grund der gewählten Überschrift, zum Liebespaar Mimì/Rodolfo: der neue Poet und seine blumenstickende Näherin sangen ihre Partien dermassen differenziert, volumenmässig die ganze Skala von innigstem Piano bis zu vollmundigem Forte belcantesk abdeckend, dazu so natürlich und schlicht agierend, dass das Publikum im ersten Akt der scheu aufkeimenden Liebesgeschichte be-(ver)zaubert folgte und nach den grossen Arien gebannt kaum zu applaudieren wagte, so gekonnt hatten die zwei Künstler das Publikum "abgeholt".

Und beide Sänger beeindruckten auch für den Rest des Abends: stimmlich mit Wärme, mit Fülle, mit Glanz, mit herrlichen Piani, mit Ausdruckskraft und selbst mit Resonanz in den tieferen Lagen ihrer Gesangspartien ... darstellerisch ungemein authentisch, echt, schlicht, reduziert ...sie passten herrlich-gut zueinender und sahen beide blendend aus!
Zürich hat ein Traumpaar für die Bohème gefunden, Die Namen: Elena Mosuc und Jonas Kaufmann!


Zum Schluss Jubel für alle, jedoch zu einem popkonzertartigen Mix aus Applaus, Pfiffen, Johlen, groupie-artigem Ausrasten und Trampeln anschwellenden Orkan für die zwei Protagonisten.






 
 
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