Reutlinger Generalanzeiger
OTTO PAUL BURKHARDT
Verdi: I Masnadieri, Philharmonie Filderstadt, Herbstliche Musiktage Bad Urach, 23.10. 2005
Räuber im Dreivierteltakt
FESTIVAL / Schiller-Vertonungen beim Uracher Herbst
Klein, überschaubar, doch mit überregionaler Strahlkraft: Der Bad Uracher Musikherbst glänzt wieder als Fest der Stimmen - im Austausch von Stars und Jungtalenten.
Zum Beispiel Jonas Kaufmann: Der 36-jährige Weltklasse-Tenor hat Anfang der 90er bei den Herbstlichen Musiktagen einen wichtigen Karrierehüpfer getan. Er begann damals als Kandidat unter vielen - im Uracher Meisterkurs bei Festivalgründer Hermann Prey. Heute singt er in der Stuttgarter "Traviata", gastiert in Wien, Paris und an der Met. ................Fettes Blech Die Musiktage rückten noch eine Wiederentdeckung ins Blickfeld: Verdis Oper "I Masnadieri" nach Schillers "Räuber" (1847), wobei man wissen sollte, dass der Librettist Andrea Maffei das mit freiheitlichen Ideen spielende Sturm-und-Drang-Drama zur privaten Familientragödie, zur Plattform für Belcanto-Fülle verkürzt hat. So kommts, dass der Bösewicht Francesco seine Mordpläne in beschwingtem Walzertakt verkündet. Dennoch: Roberto Paternostro haucht beim Musikherbst der selten aufgeführten Verdi-Oper wieder jenen Aufbruchsgeist ein, den einst das Original-Drama atmete. Paternostros einstiges Orchester, die Württembergische Philharmonie Reutlingen, dramatisiert den Vierakter mit den Stuttgarter Choristen zum rasanten Thriller - fettes Blech, seufzende Geigen, kernige Chöre und schmachtende Celli. Der vielversprechende Newcomer Andriy Maslakov zeigt Francesco als verwundete Seele. Und Jonas Kaufmann porträtiert Carlo vieldeutig schillernd als furiosen Rebellen und grandiosen Melancholiker im Angesicht eines Sonnenuntergangs - eine tenorale Glanzleistung. Fazit: Schillers Ideen und Verdis Schmelz gehen nicht ganz zusammen. Doch die Oper bietet eine Fülle eingängiger Melodien. Und so hat sich die Uracher Wiederentdeckung dennoch gelohnt.






 
 
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