OperinWien.at
Dominik Troger
Schubert: Fierrabras, Konzerthaus Wien, 27. November 2005
Heroisch-romantische Oper
Ob Schuberts Opernschaffen jemals aus seinem Schattendasein treten wird? Die konzertante Aufführung von „Fierrabras“ im Wiener Konzerthaus brachte viel hübsche Musik zu Gehör, aber Schubert hat schnurgerade an der Bühne vorbeikomponiert.
Wer möchte sich schon gerne dem Verdacht aussetzen, alte Vorurteile zu pflegen? Aber trotzdem finde ich: Schubert hat sich seine Opernstoffe viel zu sehr verinnerlicht. Er kleidet alles in seine ganz persönliche „unendliche Melodie“, die sich in den Liedern Stück für Stück zu einer trefflichen musikalischen Kette fädelt – während ihm bei der Oper der Handlungsfaden zwischen den Fingern entschlüpft. Mag sein, dass Schubert der Äußerlichkeit des Oper(un)wesens misstraut hat, aber diese Äußerlichkeit ist mit dem Theater eng liiert. „Fierrabras“ würde sich als Steinbruch für jede Menge Chormusik eignen, für Frauen- und Männergesangsvereine, die sich dann „a capella“ als Ritter oder Burgfräulein fühlen dürfen. Doch die Behandlung der einzelnen Szenen ist entweder undramatisch oder unglaubwürdig ins Melodramatische übersteigert. Natürlich spielt das Suchen neuer musikalischer Formen eine große Rolle. Beethoven ist ein „Pate“ für dieses Werk, den man öfters heraushört. Doch das alles fügt sich zu keinem Ganzen und neigt dazu, bezogen auf eine Werklänge von rund drei Stunden, sich in die einzelnen Bestandteile aufzulösen.

Das Libretto verdient sich keine besonders lobenswerte Erwähnung, aber es wäre ungerecht, ihm allein die Schuld zu geben. Die Geschichte huldigt einem hehren Freundschafts- und Friedensideal: Maurensohn Fierrabras entsagt aus Freundschaft der Liebe zur christlichen Königstochter Emma, geht um der Freundschaft willen sogar ins Gefängnis, am Schluss löst sich alles in Wohlgefallen auf. Dieser hohe Anspruch orientiert sich wohl am Beethoven’schen „Fidelio“. „Fierrabras“ wurde 1823 komponiert und zu Lebzeiten Schuberts nicht aufgeführt. 1988 gab es eine szenische Festwochenproduktion im Theater an der Wien.

Umgesetzt wurde der Abend von Orchester und Chor des Opernhauses Zürich mit viel Engagement. Aber es war kein sehr aufregendes Schubertbild, das hier gepflegt wurde. Franz Welser-Möst bediente eine schön ausmusizierte Konvention. Das hat – für mich – die etwas langatmige Unausgereiftheit des Werkes nur verstärkt. Aufgeschreckt wurde man hin und wieder durch einen gewissen „Schubert“, eine Idee des Regisseurs Claus Guth, der den konzertanten Vortrag anscheinend ein wenig aufpeppen sollte. Schubert saß meist an einem Tisch auf der Bühne, komponierte und tat hin und wieder mehr oder weniger deutlich seine persönliche Befindlichkeit kund. Dabei übernahm er kurze Sätze des von Guth angepassten Librettos. Ein entbehrlicher Einfall. Wenn ich einzelne SängerInnen besonders herausstreichen wollte, dann müsste ich zum Beispiel Jonas Kaufmann (Fierrabras) nennen oder Robert Volle (Rolando).

Der Schlussapplaus war stark.






 
 
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