Neue Vorarlberger Zeitung, 14. 01. 2003
VON ANNA MIKA
Mozart: Idomeneo, Zürich, Januar 2003
Seelenlandschaften
Es ist die Oper, die Mozart nachweislich am meisten geliebt hat: "Idomeneo" erlebte am Sonntag in Zürich eine wunderschöne Neuinszenierung.
Schon vor einem Jahr hat das Regieteam um Klaus Michael Grüber sich in Zürich eines Helden aus dem Trojanischen Krieg angenommen: Odysseus im Klanggewand Monteverdis. Nun fügt er diesem Mozarts "Idomeneo" hinzu. Die Geschichte des Königs von Kreta findet sich nicht in der griechischen Sagenwelt, sondern erst andeutungsweise bei römischen Autoren.

Bei Mozart und seinem Textdichter Varesco steht die Beziehung zwischen Vater und Sohn im Mittelpunkt. Idomeneo hat für seine Rettung aus Seenot dem Gott Poseidon das erste Wesen zu opfern versprochen, das ihm am Land begegnet. Es ist sein Sohn Idamante. Die Vollstreckung des Opfers verhindert Ilia, eine gefangene trojanische Prinzessin, die den Prinzen liebt.

Regisseur Grüber, seine Mitarbeiterin Ellen Hammer, Bühnenbildner Gilles Aillaud und Kostümbildnerin Eva Dessecker stellen die Geschichte in ein zeitloses Griechenland, das am ehesten dem ähnelt, was wir in diesem Land an Licht und Farben mit der Seele suchen. Da vertraut Ilia den "Zefiretti" nicht nur ihre Liebessehnsüchte, sondern auch soeben gepflückte Lavendelblüten an, da liegen vor dem pastellig gepinselten Meer neben Brocken aus Naturgestein auch solche aus Stahlbeton, da sehen die trojanischen Gefangenen aus wie heutige Moslems und gemahnen so an aktuelle Konflikte.

Hochsensibel
Hochsensibel sind die Figuren gezeichnet, die scheu-naive Ilia (mit lyrischer Qualität und großem Liebreiz: Malin Hartelius), die stolze und etwas zickige Elettra (die wunderbar singende Luba Orgonasova), die Idamante vergeblich umwirbt, und der Prinz selbst, mit bewegender Natürlichkeit von Liliana Nikiteanu verkörpert. Um den Darsteller der Titelpartie, Jonas Kaufmann, so recht zu würdigen, reicht dieser Platz nicht aus. Nicht nur macht er die extremen Schwierigkeiten der Gesangspartie mit seinem mühelos strömenden Tenor vergessen, er zeichnet zu dem den Kriegsheimkehrer als einen Charakter, der den Atem raubt und ins Herz greift.

Auch der Orchesterpart hat enorme Anforderungen und auch hier erlebt man eine Meisterleistung. Christoph von Dohnanyi hat mit dem fabelhaften Orchester die Partitur nach den Artikulationsregeln der Mozart-Zeit erarbeitet und dazu ein prachtvolles, alle Wünsche erfüllendes Klangbild erzielt. Der verstärkte Chor des Opernhauses sei in dieses Lob eingeschlossen.






 
 
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