Suttgarter Zeitung
Rossini: "Stabat mater", Stuttgart, 29. März 2002
Weigle im Beethovensaal - Glückliche Hand
Eigentlich müsste man Publikumsjubel am christlichen Feiertag für unangemessen halten. Der herzliche Applaus war aber nicht nur Dank für ein schönes Karfreitagskonzert. Er galt auch dem ersten Auftritt des Philharmoniker-Chefs Jörg-Peter Weigle nach seiner Rücktrittserklärung. Ob von den für diesen Verlust verantwortlichen kulturpolitischen Akteuren einer gekommen war, um zu beobachten, wie souverän Weigle den chorsinfonischen Apparat in der Hand hielt, wie genau er den Philharmonia-Chor und die begleitenden Stuttgarter Philharmoniker anleitete, wie glücklich er die vier Solisten ausgewählt hatte? Kurz, um zu kapieren, welch seriöser Musiker die Stadt verlässt?

Verdis zwischen 1887 und 1897 entstandene "Quattro pezzi sacri" waren nicht als Zyklus gedacht und klingen auch nicht danach. Während das komplexe "Ave Maria" für Chor a cappella eine geniale Anverwandlung alter Traditionen ist, hört man beim "Stabat Mater" - mit Orchesterbegleitung - Anklänge an das "Requiem". Der helle, reine Klang des Philharmonia-Chors kontrastiert dabei reizvoll zur eher romantisch-dunklen Ausrichtung der Philharmoniker.

Rossinis 1832 komponiertes "Stabat Mater" ist für Ohren, die an Bach-Passionen zum Karfreitag gewöhnt sind, ein gewisses Problem. Der Komponist, zur Entstehungszeit des Werks bereits Privatier mit großem Abstand zum Musikbetrieb, hat die sakralen Anforderungen nicht ohne feine Ironie umgesetzt. Aber wie die Solisten Mónica Guillén Chávez, Ursula Ferri, Jonas Kaufmann und Locky Chung gemeinsam mit Chor und Orchester unter Weigles Leitung musizierten, das vermittelte ungetrübte Freude. jha






 
 
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