Die Presse
Schumann Requiem, Salzburger Festspiele 2000
Zauberhorn, Klangpoet nach schmaler Kost zum Start
Auszug:
Wiens Philharmoniker rückten mit ihrem ersten Salzburger Konzert verschobene Maßstäbe mühelos zurecht. Es war wie eine Erlösung: Voll und rund schwang sich das einleitende Hornsolo des B-Dur-Konzertes von Johannes Brahms über das Auditorium im Großen Festspielhaus hinweg und versetzte es gleich Hüons Zauberinstrument in eine andere Welt: Nie hätte man gedacht, daß der Qualitätsunterschied zwischen einem Mittelklasse-Orchester wie am Vorabend und einem Ensemble der Weltspitze so himmelweit sein könnte . . .

Bewußt genoß man nach der schmalen Kost dieser ersten Tage, was man zu Hause gern als selbstverständlich hinnimmt: Die Wärme und makellose Homogenität der Streicher, das charaktervolle Holz, das noble Blech geradezu prädestiniert für Komponisten wie Brahms und Schumann, zu denen auch Wolfgang Sawallisch in der Betonung solcher klanglichen Charakteristika stets seine besondere Affinität bewiesen hat. Nicht daß er sich und seinen Musikern dabei ein allzu gefühlsbetontes, romantisches Zerfließen gestatten würde: Straff und die "klassische" Formgebung nie aus den Augen verlierend zog Sawallisch den ersten Satz des Brahms Konzertes durch; Rudolf Buchbinder am Klavier beantwortete diese Vorgaben mit betont klarer Zeichnung im schlanken Forte, mit beispielhafter Lockerheit im perlenden Passagenwerk. Die Stunde des Klangpoeten Buchbinder schlug dann im Andante, wo er dem tonschönen Cellosolo Wolfgang Herzers mit auf das Raffinierteste in den Flügel gehauchten Anschlagsnuancen begegnete. Da schienen Dirigent und Orchester den Atem anzuhalten und legten dem Pianisten einen subtilst gewebten Klangteppich zu Füßen, wie ihnen auch sonst ein traumhaft verhaltene Momente (Reprise des ersten Satzes!) gelangen. Der Raritäten-Dramaturgie dieses Sommers folgend, gab es nach der Pause die seltene Gelegenheit einer Begegnung mit Schumanns Requiem op. 148. Ein für ihn typisches Spätwerk von handwerklich sicherer, unpersönlicher Schönheit, das nur vereinzelt - so im eigenwilligen Dies irae - mit Originalität überrascht. Exzellentes leistete da die von Donald Palumbo perfekt vorbereitete Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor mit ihren markigen Bässen, strahlenden Tenören und üppigen Frauenstimmen: im nicht ganz ausgewogenen Solistenquartett dominierten der satte Mezzo von Marjana Lipovsek und der schlanke Tenor von Jonas Kaufmann.ghjk






 
 
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