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Bunte, 48/2019 |
INTERVIEW: RÜDIGER STURM |
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Mein viertes Kind kam unverhofft
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JONAS KAUFMANN Der Star-Tenor steht weltweit auf der Bühne. Er ist auch leidenschaftlicher Familienmensch und vierfacher Vater. Wie schafft er das?
Seine göttliche Stimme erklingt in seiner Heimatstadt München und in der
Welt: Der Tenor Jonas Kaufmann, 50, wird an der Mailänder Scala ebenso
umjubelt wie an der Met in New York. In BUNTE spricht er über seine Rolle
als Vater, die er gerade wieder bei seinem vierten Kind spielt.
Sie begleiteten Ihre Frau, die in Glyndebourne (Sussex)
„Rigoletto" inszenierte. Welchen Part spielten Sie?
Ich
war der Babysitter. Das ist eine leider allzu selten genossene Rolle in
meinem Leben.
Wäre das dauerhaft ein Job für Sie?
Urlaub ist es keiner, aber bei eigenen Kindern bin ich sehr gern
Babysitter.
Ihr Sohn ist ja Ihr viertes Kind. Macht es
das Ganze einfacher?
Natürlich. Gegenüber meiner Frau
habe ich da einen ganz schönen Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Alles läuft
viel routinierter ab, wobei jedes Kind anders ist. Da kann man keine
Schablone anwenden. Aber insgesamt gestaltet es sich eher ruhig. Beim
allerersten Kind hat man viel mehr Ängste, was passieren könnte.
Und was ist bei Ihrem Sohn anders?
Er hat
eine starke Lärmresistenz, Gott sei Dank. Offenbar hat er schon im Bauch
mitbekommen, dass der Papa eine kräftige Stimme hat. Er zuckt nicht bei
jedem lauten Ton, ganz und gar nicht. Im Gegenteil, er ist selbst sehr laut.
Abgesehen davon erweckt er jetzt schon das Interesse der Öffentlichkeit.
Wenn meine Frau und ich irgendwo auftreten, dann heißt es gleich: „Wo ist
das Kind?" Er ist derjenige, auf den alle warten.
Stört
Sie das?
Nein, ich finde das sehr schön. Und bei ihm
kommt noch etwas Besonderes dazu. Ich weiß, das wird es jetzt mit Kindern
gewesen sein. Nach meinem dritten habe ich zwar auch nicht gedacht, dass
noch eins kommen könnte, aber jetzt ist es praktisch ausgeschlossen. So
gesehen ist es ein wahnsinnig schönes Geschenk, das man, weil so unverhofft,
anders genießen kann.
Gleichzeitig haben Sie eine
Patchworkfamilie mit Ihren drei Kindern aus erster Ehe. Ist das schwer zu
organisieren?
Ich habe großes Glück, dass alle ihren
Teil dazu beitragen, dass das so gut läuft. Ob das die anderen Kinder sind
oder die Mutter der Kinder, jeder versucht, es allen möglichst angenehm zu
machen. Natürlich ist es eine Kunst, allen Beteiligten die gleiche
Wertigkeit zu geben. Das war bei zwei und drei Kindern auch nicht anders,
dass man keinen Liebling haben sollte.
Im Oktober
präsentierten Sie Ihr neues Album „Wien" auf der Bühne. Konnten Sie es kaum
erwarten, wieder loszulegen?
Solange man das familiäre
Glück genießt, kann man sich's kaum vorstellen, was anderes zu machen. Aber
wenn ein Konzert näher kommt, freut man sich immer wahnsinnig drauf. Das
darf auch nicht aufhören. Wenn man dieses Verlangen zu performen nicht mehr
spürt, hat man was falsch gemacht.
Unterfordern Sie
Wiener Lieder und Operettenstücke nicht?
Überhaupt
nicht! Erst mal ist es nicht so, dass es mir besonders Spaß macht, Sachen zu
singen, bei denen man sich den Hals brechen kann. Ich bin im übertragenen
Sinn kein Höhenjunkie, der den Nervenkitzel sucht, wenn er aus dem Flugzeug
raus- springt. Mir geht es um das Fliegen. Und musikalisch gesehen ist
das ähnlich komplex und intensiver als Wagner oder Verdi.
Genießen Sie Ihren Starbonus?
Ich habe mich immer
gewehrt gegen den Begriff „Star", aber es gibt nur noch wenige
Klassikkünstler, wo es sich für ein Label lohnt, Aufnahmen zu machen. Da
gehöre ich Gott sei Dank dazu. Deshalb genieße ich eine gewisse
Narrenfreiheit, wobei ich die nicht ausnutze, um nur schräge, ver- rückte
Sachen zu machen.
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