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Die Rheinpfalz, 11. Mai 2018 |
Frank Pommer |
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Jonas Kaufmann im Interview: "Fühle mich besser denn je"
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Der Tenor-Superstar über französisches Repertoire und das Geschenk der Stimme – Auf Tour mit der Deutschen Staatsphilharmonie
Jonas Kaufmann ist der deutsche Tenor-Superstar. Auftritte in allen großen
Häusern dieser Welt, bei allen Festivals. Dabei nie festzulegen auf ein
Repertoire. Gerade auf einer Kurztournee singt er am nächsten Mittwoch in
der Liederhalle Stuttgart ein rein französisches Programm unter dem Motto
„L`Opéra“, was auch der Titel seiner jüngsten CD ist. Bei dieser Tournee,
die auch nach Nürnberg und Wien führt, wird er von der Deutschen
Staatsphilharmonie unter der Leitung von Jochen Rieder begleitet. Frank
Pommer hat den Tenor nach einer Probe in der Ludwigshafener Philharmonie
getroffen.
Sie proben gerade mit der Deutschen
Staatsphilharmonie für eine Kurztournee. Wie läuft die Zusammenarbeit?
Ich kenne das Orchester gut und mag es auch sehr gerne, weil es ganz
unkompliziert funktioniert. Sehr viele Philharmonische Orchester haben im
Unterschied zur Staatsphilharmonie Schwierigkeiten mit der Oper, weil sie es
nicht gewohnt sind, so zu begleiten.
Ihre jüngste CD und nun
auch diese Tour allein mit französischem Repertoire sind für einen deutschen
Tenor, der auch im Wagner-Fach zu Hause ist, eher ungewöhnlich. Woher kommt
ihr Interesse an dieser Musik?
Ich weiß gar nicht genau, woher
die Faszination für diese Musik kommt. Ich habe bereits im Studium
angefangen, französisches Repertoire zu singen. Damals war meine Stimme auch
noch sehr weiß, kopfig und hell, was gerade für diese Literatur ideal war.
Diese Musik fokussiert die Stimme ganz anders, nicht, dass man jetzt alles
in die Nase quetschen würde, aber es ist einfach ein bisschen enger geführt.
Ich habe dann natürlich später gelernt, dass man auch Wagner so singen kann,
aber grundsätzlich war mein Eindruck, dass sich das französische Repertoire
von allem anderen unterscheidet. Da gibt es eben kein festgelegtes Fach, da
hat man nicht von Anfang bis zum Ende einer Partie die gleiche Anlage der
Stimme. Da gibt es dramatische Ausbrüche wie bei Wagner, dann geht man fast
schon wieder zum Barock zurück. Da braucht man eine sehr flexible Stimme,
die einem erlaubt, sehr laut, danach aber auch wieder leise und weich zu
singen.
Nun liegen französische Tenor-Partien sehr hoch, sind
also von der Tessitura eine große Herausforderung. Kann man das trainieren
oder muss man das einfach mitbringen?
Man muss halt wissen, wie
es geht. Wenn ich zu offen mit der Stimme in die Höhe gehe, dann macht das
halt sehr schnell müde. Natürlich liegt auch Wagners Lohengrin-Partie
manchmal sehr hoch, auch bei Verdi kann es Ihnen passieren, dass Sie vom e,
fis g, von der hohen Lage einfach nicht wegkommen, aber so extrem, wie das
im französischen Fach der Fall ist, ist das eigentlich in keinem anderen
Repertoire. Es wurde offensichtlich genau für die französische Art zu singen
komponiert. Man hat einfach die Bruststimme nicht so sehr mit nach oben
genommen und das dadurch sehr heldisch gestaltet, sondern hat stattdessen
versucht, einen sehr weichen, flexiblen Übergang nach oben zu finden, so
dass das ohne Mühe letztlich bis ins Falsett hineingegangen ist. Und dann
war es völlig egal, wie hoch das gegangen ist.
Jetzt haben Sie
Verdi schon angesprochen, Sie haben seit unserem letzten Gespräch auch den
Otello gesungen, haben im italienischen Fach, aber eben auch im deutschen,
fast alles auf der Bühne gestaltet, gibt es überhaupt noch Herausforderungen
für die Zukunft?
Es gibt schon noch ein paar Partien, die ich
noch nicht gemacht habe und die noch kommen sollen. Da wären im deutschen
Fach beispielsweise noch Tannhäuser und Tristan, Korngolds „Tote Stadt“ oder
Pfitzners „Palestrina“ sind Opern, die ich noch nicht gesungen habe.
Natürlich würde ich auch gerne noch Siegfried machen, aber das ist dann
doch, na ja, wie soll man sagen...
Eine sehr große
Herausforderung?
Klar, natürlich ist es das. Eine wirkliche
Herausforderung. Sie haben natürlich Recht, dass ich beispielsweise im
italienischen Fach wirklich fast alles abgedeckt habe. Aber da gibt es dann
doch auch noch unbekanntes, exotisches Repertoire zu entdecken, zum Beispiel
hat Umberto Giordano mehr geschrieben als den „Andrea Chenier“. Andere
Partien wie den Parsifal habe ich noch viel zu selten gesungen. Der kommt
jetzt allerdings wieder, was sehr schön ist.
Sie konnten 2016
bedingt durch eine Erkrankung einige Monate nicht auftreten. Verändert einen
eine solche Erkrankung? Wird man demütiger?
Vielleicht ist
demütig ein zu großes Wort, aber man wird sich der ganzen Sache noch
bewusster nach einer Erkrankung, wird vielleicht auch vorsichtiger. Man weiß
um das Geschenk, das man da bekommen hatt. Das war auch der Grund, warum ich
so viele Termine abgesagt habe und auch immer mal wieder absage. Ich muss
dieses Instrument beschützen, muss diesen Schatz bewahren. Es macht keinen
Sinn, wenn ich mit angeschlagener Stimme singe. Ich habe keinen Zeitdruck,
fühle mich im Vollbesitz meiner Kräfte. Ich muss zwar nicht wie Plácido
Domingo noch mit 80 singen, habe aber auch nicht vor, in fünf Jahren in
Rente zu gehen. Ich fühle mich besser denn je.
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