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Frau im Spiegel, 27. Juni 2018 |
Ulrike Reisch |
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Das Dolce Vita des Tenors
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Jonas Kaufmann über seine Liebe zu
Italien, Espresso, Mode und seine Qualitäten als Einkaufsberater |
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Er ist der gefragteste Tenor der Welt: Der
gebürtige Münchner Jonas Kaufmann, 48, singt in allen bedeutenden
Opernhäusern, seine CDs führen die Klassikcharts an -und seine Fans reisen
ihm zu seinen stets ausverkauften Vorstellungen hinterher. Privat ist der
gutaussehende Sänger seit der Trennung von Ehefrau Margarete Joswig, mit der
er drei Kinder hat, mit Regisseurin Christiane Lutz, 38, glücklich. Im
Moment probt er Richard Wagners „Parsifal", mit dem die Münchner
Opernfestspiele diese Woche eröffnet werden. Zwischen den Vorstellungen gibt
der Vielbeschäftigte am 13. Juli auf der Berliner Waldbühne noch das Open
Air-Konzert „Dolce Vita" mit Liedern aus Italien. Das ZDF zeigt den Abend am
Sonntag, 15. Juli, um 22 Uhr, am 15. September wird das Konzert um 20.15 Uhr
auf 3sat wiederholt.
Was reizt Sie an Open Air-Konzerten?
Ich habe schon sehr viele gemacht, und natürlich kann es schwierig werden.
Ich hatte einmal in Frankreich heftige Probleme mit dem Wind, ein anderes
Mal zitterte ich in einem Steinbruch trotz Frack vor Kälte. Aber so etwas
wird in Berlin nicht passieren, da gibt es höchstens ein bisschen Regen. Die
Stimmung, die sich an einem Abend unter freiem Himmel entwickelt, ist jedoch
unvergleichlich. Außerdem ist das Thema meines Konzerts „Dolce Vita", ein
italienischer Abend muss draußen stattfinden!
Sie haben oft
betont, Italien sei Ihr Sehnsuchtsland, gibt es dort auch einen speziellen
Sehnsuchtsort? Ich kenne Italien sehr gut, schon in meiner
Kindheit war ich dort mit meinen Eltern so oft es ging. Das Land fasziniert
mich vom nördlichsten bis zum südlichsten Ende. Ich bin gern in Südtirol,
aber am reizvollsten ist für mich der Süden, Kalabrien, Apulien, Sizilien.
Ich war gerade zehn Tage in der Nähe von Neapel, wo ich viele Freunde habe,
und hatte eine wunderbare Zeit.
Was ist an Ihnen italienisch,
vom Aussehen einmal abgesehen? Ich liebe Essen, kochen - und
Espresso. Der hat in meinem Tagesablauf eine sehr wichtige Rolle, die
richtigen Bohnen, die richtige Wassermenge sind eine Wissenschaft für sich.
Außerdem kann ich - wie die Italiener - sofort in den Freizeitmodus schalten
und jede Minute genießen, auch wenn nicht alle E-Mails beantwortet sind oder
ein Problem noch nicht gelöst ist.
Der italienische Mann gilt
als sehr modebewusst. Wie wichtig ist Ihnen Mode? Sehr wichtig,
ich habe eine Reihe italienischer Designer persönlich kennengelernt und mag
ihre Entwürfe. Besonders Dolce und Gabbana, die haben einfach alles von sehr
ausgefallenen Sachen bis zum klassischen Smoking. Deutschland tragen viele
Männer ihre Anzüge eine Nummer zu groß, weil es bequem ist. Von den
Italienern habe ich gelernt, dass enganliegende Hosen und Blazer einfach
besser aussehen.
Beschäftigen Sie einen Stylisten?
In meinen ersten Karrierejahren habe ich mich leider öfter in die Hand von
Stylisten gegeben und mich zum Teil sehr unwohl gefühlt in den Sachen, die
für mich ausgesucht wurden. Heute mache ich das nicht mehr. Vor einem
Fotoshooting kaufe ich selbst ein und bringe die Sachen mit.
Das heißt, Sie gehen gerne shoppen? Ja, durchaus. Ich weiß
inzwischen, was mir steht, habe ziemlich klare Vorstellungen und entscheide
mich schnell. Auch die Frauen in meinem Leben, meine Tochter und meine
Freundin, schätzen mich als Einkaufsbegleiter, ich bin da sehr geduldig und
gebe, glaube ich, ganz gute Ratschläge. Allerdings würde ich nie für eine
Frau Kleidung kaufen, auch wenn ich die Konfektionsgröße weiß, das finde ich
ein Stück weit übergriffig.
Wie preisbewusst kaufen Sie ein?
Ich bin leider sehr schwach als Schnäppchenjäger. Wenn mir etwas spontan
gefällt, habe ich das Preisschild schon fast vergessen. Außerdem würde es
mich frustrieren, wenn ich Stunden damit verbringen müsste, eine billigere
Ausgabe eines perfekten Stückes zu finden, um anschließend zum teuren
zurückzukehren - und das ist dann ausverkauft.
Sie proben im
Moment Parsifal in München. Haben Sie eine Lieblingskollegin?
Nein, das wäre ungerecht meinen anderen Bühnenpartnerinnen gegenüber. Aber
mit Anja Harteros habe ich sehr viele Premieren gesungen, da besteht schon
ein sehr großes Vertrauensverhältnis. Wie im Übrigen auch zu Diana Damrau.
Das sind Kolleginnen, da weiß ich, dass wir uns aufeinander verlassen können
und nicht gegeneinander arbeiten.
Von welchem Kollegen haben
Sie am meisten gelernt? Ganz sicher von Plácido Domingo, der war
schon in meiner Jugend ein Idol für mich. Seine Bühnenpräsenz ist
faszinierend, aber ich habe mir vor allem zum Vorbild genommen, wie groß und
breit gefächert sein Repertoire ist. In meinen Anfangsjahren bekam ich immer
zu hören, ich solle mich spezialisieren, aber das wollte ich nie. Sein
Vorbild gab mir die Kraft, das auch durchzuhalten.
Möchten
Sie wie Domingo auch als Dirigent arbeiten, wenn die Stimme nachlässt?
Ich habe sicher nicht die Energie, mit 80 Jahren noch täglich auf der Bühne
zu stehen. Ich glaube, ich kann auch einen ruhigen Lebensabend genießen.
Dirigieren würde ich gerne, aber das müsste ich erst lernen, und da fehlt
mir im Moment einfach die Zeit.
Besuchen Ihre Kinder gerne
Ihre Vorstellungen? Natürlich kommen sie, aber das liegt wohl
weniger an ihrer Begeisterung für Oper und Konzert, als vielmehr daran, dass
sie mir das Gefühl geben möchten, sie nehmen an meiner Arbeit Anteil. Mein
jüngster Sohn sagte mir mal „Papa, du hast eine so einschläfernde Stimme, da
fallen mir immer die Augen zu!"
Nicht gerade ein
Kompliment... So sehe ich das gar nicht. Das liegt daran, dass
ich meinen Kindern, als sie klein waren, immer Schlaflieder sang. Meine
Stimme beruhigt sie, das finde ich eigentlich recht schön.
Ihre Freundin ist Regisseurin—gibt es ein gemeinsames Projekt in näherer
Zukunft? Im Moment ist nichts geplant. Sie möchte auch gar
nicht in das Rampenlicht rücken, in dem ich mich befinde. Aber ich kann mich
bei ihr wunderbar über berühmte Regiekollegen beklagen, deren Einfälle oder
mangelnde Vorbereitung ich nicht verstehe.
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