Auf diese Staatsopern-Premiere darf man gespannt sein. Jonas Kaufmann,
Nina Stemme, Tomasz Konieczny singen in Puccinis selten gespielter „La
Fanciulla del West“. Der ORF überträgt die hochkarätig besetzte Premiere
des „Opernwesterns“, der eine dramatische Liebesgeschichte im
Goldgräbermilieu Kaliforniens schildert, live-zeitversetzt am Samstag,
5. Oktober, ab 20.15 Uhr in ORF 2. Tenor Kaufmann im Gespräch.
KURIER: Herr Kaufmann, zuletzt mussten Sie Ihren
Musikverein-Liederabend absagen. Was ist passiert?
Jonas
Kaufmann: Nichts Gravierendes. Ich hatte einen Infekt, und die Ärzte
haben mir geraten, nicht zu singen. Niemand sagt gern ab. Aber wenn man
nicht ganz fit ist, senkt das die Qualität eines Abends, das wollte ich
nicht. Außerdem war es auch im Hinblick auf die „Fanciulla“-Premiere
richtig, meine Stimme zu schonen. Aber ich freue mich, dass wir den 1.
Mai 2014 als Ersatztermin gefunden haben.
Stichwort
„Fanciulla“: Sie haben den Dick Johnson bis dato noch nicht gesungen. Wo
liegen die Herausforderungen?
Auch wenn diese
Puccini-Oper nicht so bekannt ist wie andere Werke des Komponisten, ist
sie großartig. Puccini hat ungemein reich an Farben komponiert,
schildert das Milieu der Goldgräber extrem präzise. Für mich sind die
stimmlichen Herausforderungen bei Weitem nicht so groß wie etwa für Nina
Stemme, die die Minnie singt. Ich muss vor allem einen glaubhaften
Charakter darstellen. Dick Johnson ist in Wahrheit ein Bandit, der
zuerst nur an Minnies Geld will, sich aber in sie verliebt und in
Sheriff Jack Rance einen Gegenspieler auch um Minnies Gefühle findet.
Wenn man so will, kann man in der „Fanciulla“ eine umgekehrte „Tosca“
sehen. Wieder steht eine Frau zwischen zwei Männern, nur gibt es hier
ein scheinbares Happy End für Tenor und Sopran.
Sie
glauben nicht, dass die beiden ein neues Leben beginnen?
Ich habe ehrlich gesagt meine Zweifel. Denn Johnson ist in Wahrheit
ein Mistkerl, der Minnie ja ständig belügt und hintergeht. Wie
wahrhaftig diese Liebe dann wirklich ist, bleibt offen.
Haben Sie eine Erklärung dafür, warum „Fanciulla“ so selten gespielt
wird?
Vielleicht liegt es am Sujet, an diesem
Goldgräber- und Westernmilieu. Das muss man szenisch erst einmal
hinbekommen. Unser Regisseur Marco Arturo Marelli hat eine wunderbare
Inszenierung mit uns erarbeitet. Für Ironie oder irgendwelche szenische
Brechungen ist in dem Werk kein Platz. Man muss das Stück ernst nehmen,
ohne in gängige Italo-Western-Klischees zu verfallen. Ich glaube, das
ist Marelli sehr gut gelungen. Bei ihm geht es nicht um Cowboys oder
Indianer, sondern um die Suche nach dem großen Gefühl, der großen Liebe
und einem Platz im Leben. Puccini verhandelt da fundamentale Dinge, in
wunderschöne Musik umgesetzt.
Sie haben heuer vor allem
Werke der Jahresregenten Verdi und Wagner gesungen. War es schwierig,
zwischen diesen beiden Giganten zu switchen?
Eigentlich
nicht. Es hat unglaublichen Spaß gemacht. Aber ich gebe zu, es war vokal
natürlich eine große Herausforderung. Wenn wir Sänger einen Vertrag
unterschreiben, machen wir das ja Jahre im voraus. Ich habe bereits
Anfragen und fixe Termine für 2019 ...
Wie plant man
eigentlich so weit im Voraus?
Man muss auf seine Stimme
hören und sich genau überlegen, welche Partien dann wohl gehen werden
und welche eher nicht. Garantien gibt es aber dafür gar nicht.
Auf Ihrer neuen CD singen Sie Verdi-Arien, und zwar so ungefähr
alles, was gut und teuer ist. Welche dieser Opern kommen noch auf der
Bühne?
Als Nächstes kommt „La forza del destino“ im
Dezember in München. Und irgendwann hoffe ich auf einen „Maskenball“.
Der fehlt mir schmerzlich.
In München wurden Sie erst
unlängst zum Kammersänger ernannt. Und Sie sind Fan des FC Bayern
München ...
Natürlich schlägt mein Herz für diesen
Verein, ich gehe auch sehr gerne mit meinen Kindern ins Stadion. Vor
allem der mittlere Sohn ist ein echter Fußball-Experte.
Bayern hat vergangene Saison unter Jupp Heynckes das Triple, also
Meisterschaft, Cup und Champions League, gewonnen. Was wird sich denn
heuer unter dem neuen Trainer Pep Guardiola ausgehen?
Das Triple war Balsam auf die Seele, vor allem nach dem unglücklich
verlorenen Finale dahoam. Zwei Wettbewerbe kann und wird Bayern wohl
auch heuer gewinnen. Und natürlich habe ich auch gar nichts gegen einen
neuerlichen Triple-Gewinn.