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Mannheimer Morgen, 5. Januar
2009 |
von Waltraud Brunst |
Das Interview: Der Tenor Jonas Kaufmann kommt mit einem Arienabend und
der Deutschen Staatsphilharmonie in den Mannheimer Rosengarten
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Liedgesang hält die Stimme frisch
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Der international gefragte Tenor Jonas
Kaufmann kommt am 11. Januar nach Mannheim. Wir sprachen im Vorfeld des
Konzertes mit ihm über Programm, Karriere und Familie. |
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Herr Kaufmann, Sie haben sich einmal zu Recht beklagt, dass alle
Journalisten die gleichen Fragen stellen. Hat Sie schon mal jemand nach
Ihrer Konzertmatinee am 6. Februar 2000 in Ilvesheim gefragt?
Jonas Kaufmann: Nein, wirklich nicht! Keine Ahnung, was ich damals
gesungen habe.
Inzwischen weiß alle Welt, dass Sie verheiratet sind und drei Kinder
haben. Wir wissen sogar, dass Sie mit der Ilvesheimerin Margarete Joswig
verheiratet sind, die Sie am Staatstheater Saarbrücken kennenlernten.
Schaffen Sie noch gemeinsame Auftritte mit Ihr?
Kaufmann: Leider selten, meist im Konzertbereich. Aber 2009 haben
wir zwei schöne Termine zusammen, "Paulus" in der Alten Oper und "Das Lied
von der Erde" in Bad Urach. Wenn meine Frau ein Engagement hat, bemühe ich
mich, daheim zu sein - als Bezugsperson für die Kinder halt.
Ihr Lebensmittelpunkt ist derzeit noch Zürich. In der beginnenden Ära
Bachler bemüht sich auch die Staatsoper Ihrer Geburtsstadt München um Sie.
Wann ziehen Sie um an den Starnberger See?
Kaufmann: Da muss ich lachen, weil die Vision wirklich in meinem
Kopf ist. Aber ich habe so viel Schönes in Zürich erlebt, dass ich mich
dem Haus, wo ich jeden Stein und jeden Mitarbeiter kenne und viele
Grenzpartien ausprobieren konnte, sehr verbunden fühle. Natürlich könnte
ich mir Ähnliches auch in München vorstellen (lacht). Lassen Sie erst mal
das nächste Jahr rumgehen.
Sie blühten erstaunlich lang im Verborgenen. Kam die Wende tatsächlich
mit dem Gesangslehrer-Wechsel zu Michael Rhodes, der Ihre Stimme über das
lyrische Fach hinaus "geöffnet" hat?
Kaufmann: Das war schon ein Schlüsselerlebnis, diese Umstellung von
einer eher technischen auf diese natürliche Art des Singens, die mir den
Weg zu verschiedenen Stimmfächern gebahnt hat.
Seit Sie mit weniger Pflicht-Abenden an Zürich gebunden sind, gastieren
Sie an den wichtigsten Häuser der Welt. Was war wohl Ihr eigentlicher
Durchbruch, wonach der Boulevard aufmerksam wurde: "Traviata" mit
Gheorghiu an der Met oder die mit Netrebko in London oder der
Sensationserfolg Ihrer CD "Romantic Arias"?
Kaufmann: Der Auftritt an der Met war schon extrem entscheidend -
verrückt bei einer Kunstform, die doch aus Europa kommt. Erst danach kamen
die großen Premieren an anderen großen Häusern. Und beim breiten Publikum
war's die CD, wonach beim so genannten Boulevard dann über das
Künstlerische hinaus auch das Private interessant wurde.
Bekommen Sie inzwischen Mordgelüste, wenn Sie vom "schwarzgelockter
latin lover" lesen?
Kaufmann: Nichts gegen diese Attribute, die ja auch der
Rollengestaltung zugute kommen. Manche legen halt darauf den Schwerpunkt;
das geht auch ohne Fachwissen. Den Herren Kaiser und Kesting, die sich
lebenslang mit Stimmen befassen, fiele das sicher nicht ein.
Ihr Mannheimer Konzertprogramm belegt, dass Sie diverse Stimmfächer
abdecken, von Flotow über Massenet, Bizet, Puccini bis Wagner. Betrachten
Sie den ungewöhnlichen Spagat zwischen "Ach so fromm" und Gralserzählung
als Stimmpflege?
Kaufmann: Absolut, und zwar auf eine Saison wie auf die ganze
Karriere bezogen; die Fächer profitieren interpretatorisch voneinander.
Das - und natürlich auch der sehr wichtige Liedgesang - hält meine Stimme
bis jetzt sehr frisch.
Wie schaffen Sie es, sich der Vereinnahmung durch die Marktstrategen
halbwegs zu entziehen?
Kaufmann: Ich hatte schon internationalen Erfolg ohne die
Unterstützung eines Labels. Ich entscheide, welchen Zirkus ich mitmache
und welchen nicht, wobei ich auch auf die Warnsignale meines Körpers höre.
Ein Leben neben dem Beruf muss auch noch drin sein.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren? Als Tannhäuser und Otello? Auf einem
Lehrstuhl? Oder nur noch am Starnberger See?
Kaufmann: Alles sehr reizvoll! |
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