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Die Rheinpfalz, 3. Januar 2009 |
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Interview: Der Tenor JonasKaufmann plant die Eroberung des Grünen Hügels
und will weiter Verdi und Puccini singen - Am 11. Januar Konzert in Mannheim
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Bayreuth wird kommen, keine Frage
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Der
gebürtige Münchner Jonas Kaufmann empfängt stilecht im Sofitel am
Hauptbahnhof seiner Heimatstadt. "Schreiben Sie jetzt ja nicht, dass ich
immer so wohnen würde. Wir haben das hier nur für das Interview
arrangiert." Nun, vielleicht sind geschätzte 200 Quadratmeter Hotelsuite
selbst für einen der derzeit gefragtesten Tenöre eine Nummer zu groß.
Irgendwie passt der sympathische Kaufmann auch nur bedingt in dieses
protzige Ambiente. Unser Redakteur Frank Pommer hat sich mit ihm in
München unterhalten.
Herr Kaufmann, wenn man in der jüngeren Vergangenheit in Bayreuth saß,
da überkam einen oft die Sehnsucht nach einem deutschen Heldentenor.
Könnten Sie da nicht helfen?
Keine Ahnung. Ich werde mich hüten, Aussagen über aktuelle Bayreuther
Produktionen zu machen. Grundsätzlich ist Bayreuth aber schon immer ein
Thema für mich gewesen. Es wäre ja nun auch töricht, ein Haus zu
verschmähen, das für diese Art von Musik gemacht ist. Also, nochmals:
Klar, Bayreuth ist ein Thema und wird auch kommen. Da bin ich mir heute
schon sicher, da will ich aber nicht vorgreifen, weil natürlich auch die
Bayreuther ihre eigenen Zielsetzungen haben, wann sie etwas bekannt geben
wollen. Aber dass es kommt, das ist klar.
Nun gibt es viele, die von einer Krise im Wagnerfach reden. Sehen Sie
die auch?
Wenn es eine Krise ist, dann ist es eine selbstgemachte, weil mit einer
solchen Selbstverständlichkeit ein dauerhaftes Forte-Singen erwartet wird,
das den Ursprüngen dieser Musik aber überhaupt nicht gerecht wird. In den
Partituren steht wahnsinnig oft Piano und Pianissimo, und diese Musik
verlangt auch nach Leise-Singen. So wie sie an bestimmten Stellen eben
auch verlangt, dass man mit voller Kraft singt. Wagner wünschte sich in
einem Brief, dass seine Isolde nicht so dramatisch sein sollte wie eine
Norma. Da lachen wir uns heute schlapp darüber, weil eine Sängerin, die
die Norma singt, für uns meilenweit von unserer Idee einer Isolde entfernt
ist. Wenn Sänger heute zu sehr forcieren müssen, so liegt das leider eben
auch daran, dass es gerade an kleineren Häusern zu viele Dirigenten gibt,
die keine wirkliche Beziehung zum Gesang haben und eine Oper so dirigieren
wie sie auch eine Sinfonie dirigieren.
Wohin kann denn Ihr Weg im Wagnerfach noch führen? Parsifal, Stolzing
haben sie schon gesungen, Lohengrin folgt. Was kommt dann noch?
Ich bin eigentlich sehr zuversichtlich, dass ich, wenn ich mich in diesen
sehr lange voraus geplanten Kalendern nicht mal sehr vertue und Fehler
mache, alles singen kann. Alles ist möglich. Nachdem ich sehe, wie meine
Stimme in den letzten Jahren gewachsen ist, kann ich mir vorstellen, wohin
das bei richtiger Behandlung noch führen wird. Also bis hin zu den
Extremen im Tenorfach: Tristan, Tannhäuser, den Siegfried im "Siegfried"
und auch Othello. Ich habe eigentlich auch vor, das alles zu machen. Meine
nächste Wagnerpartie wird nach dem Lohengrin der Siegmund sein.
Darf man erfahren wo?
Ja, das wird an der Met sein, da wird es einen neuen "Ring" geben, mit
Jimmy Levine. Aber das dauert noch ein paar Jährchen.
Aber wenn man so aussieht wie Sie, dann will man der Latino-Fraktion
unter den Tenören nicht nur optische Konkurrenz machen. Verdi und Puccini
stehen doch weiterhin hoch im Kurs bei Ihnen?
Ja, natürlich. Vielleicht kann man von einer Viergleisigkeit sprechen, mit
der ich fahre: das deutsche Fach, das italienische, das französische und
schließlich das Liedsingen. Ich versuche, alle vier Bereiche gleichmäßig
auf meine Arbeit zu verteilen, was nicht ganz einfach ist. Nehmen sie die
aktuelle Saison: Ich habe Massenets "Manon" gemacht, jetzt gerade
"Fidelio" in Paris, es folgen noch "Tosca" in Zürich und "Lohengrin" in
München.
Wie schafft man es eigentlich, ein so breites Repertoire zu stemmen?
Sie erwähnten eingangs den Begriff des deutschen Heldetenors, damit haben
Sie eine Schublade geöffnet. Ich habe aber so meine Probleme mit
Schubladen, weil ich einfach gemerkt habe, dass es für mich am besten ist,
wenn ich immer eine Mischung in meinem Portefeuille habe. Das war auch der
Grund für dieses, wenn man es böse formulieren möchte, Potpourri auf der
CD. Vielleicht habe ich aber auch einfach nur Angst, dass es mir
langweilig wird, wenn ich immer die gleichen Rollen singe.
Ist das ein Fehler, dass sich die Sänger heute so sehr spezialisieren?
Oder liegt es daran, dass die Agenturen und Plattenfirmen sie zu einer
solchen Spezialisierung drängen, weil sich das einfach besser verkaufen
lässt?
Ja, das mit der Vermarktung ist sicherlich ein Punkt. Außerdem ist der
Konkurrenzdruck, auch durch die Medien vermittelt, mittlerweile so groß
geworden, dass jeder Sänger versucht, für sich eine Nische zu finden, wo
er dann vielleicht der Beste sein kann. Das ist auch etwas, was man mir
vor vielen Jahren einmal gesagt hat: "Wenn Du Karriere machen willst, dann
musst Du Dich auf wenige Rollen spezialisieren, in denen Du der Beste
bist." Das hat mich aber nie begeistert, diese Vorstellung, dass ich also
praktisch nur im Paket mit einer bestimmten Partie verpflichtet werde.
Weil von dieser Partie komme ich doch nie wieder weg. Und wenn ich mich
heute spezialisiere, dann limitiere ich mich eben auch, weil ich dann
viele Erfahrungen einfach nicht machen kann.
Wenn wir von Promoten sprechen, ein Aspekt fällt natürlich auch bei der
Vermarktung von Jonas Kaufmann auf: Das Äußere spielt keine unerhebliche
Rolle, Sie wurden zum Teil als die deutsche Ausgabe des Latin-Lovers auf
der Opernbühne verkauft. Kann man sich dieser "Netrebkisierung" der
Klassikszene überhaupt entziehen?
Ich bin natürlich teilweise nur dorthin gekommen, wo ich bin, weil dieses
Marketing funktioniert hat. Das muss man auch ganz offen gestehen. Aber:
Das Foto ändert nichts an der Qualität des Inhalts, das ist klar. Für die
bin ich verantwortlich. Aber auf die Art und Weise, wie das Ding an den
Mann gebracht wird, kann man nur sehr schwer Einfluss nehmen. Wenn sie das
breite Publikum jenseits der Opernbesucher erreichen wollen, dann brauchen
sie solche Strategien. Dem muss man sich zumindest teilweise unterwerfen,
aber natürlich gibt es auch Grenzen. Ich kann mich erinnern, dass ich das
ursprünglich für diese CD vorgesehene Foto abgelehnt habe, weil es noch
oberflächlicher war als das, was wir jetzt drauf haben. Ich habe mich
ohnehin lange geweigert, ins Plattengeschäft einzusteigen, weil ich Angst
hatte, recht schnell auf die Crossover-Schiene gezerrt zu werden und dann
für ein bis zwei Weihnachtsgeschäfte gut zu sein, ehe der nächste kommt.
Ich wollte mir vorher eine stabile Karriere aufbauen, so dass ich jetzt
auch sagen kann: "Das funktioniert mit mir nicht." Und von dieser
Latin-Lover-Geschichte, auf die Sie mich angesprochen haben, bin ich auch
überrascht worden. Irgendwann wurde mir das dann auch entschieden zu viel,
aber eine Zeit lang muss man das wohl mitmachen. Man muss sich aber
dennoch immer fragen, ob man sich noch selbst wieder erkennt. Es gibt
sicherlich Leute, die sich genau so selbst sehen, wie das Bild aussieht,
das von Ihnen verkauft wird, aber so bin ich nicht. Allein schon deshalb,
weil ich eine Frau und drei Kinder habe. Das kann ja gar nicht sein.
Kommen wir vom Äußeren zur Opernregie, zu dem, was man Regietheater
nennt. Den Herzog von Mantua in einer "Rigoletto"-Inszenierung von
Calixto Bieito - könnten Sie sich das vorstellen?
Das ist eine schwierige Geschichte, eine sehr heikle Kombination. Ich bin
Gott sei Dank mittlerweile in der Situation, dass ich über solche Dinge
mit entscheiden kann, weil man sich so etwas schon ganz genau überlegen
muss. Einfach so, blind, würde ich so etwas nie unterschreiben, keine
Frage. Ich bin grundsätzlich schon für moderne Inszenierungen, ich bin nur
gegen Produktionen, die den Inhalt einer Oper zerstören oder auf den Kopf
stellen und die auch keinerlei Rücksicht auf die Musik nehmen.
Sie werden am 11. Januar im Mannheimer Rosengarten auftreten, begleitet
von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Kennen Sie das
Orchester?
Ja, wir haben vor einer längeren Zeit mehrfach bei den Musiktagen Bad
Urach zusammengearbeitet.
Und das Programm wird sich ungefähr mir der CD decken?
Ja, im Großen und Ganzen wird es sich nach den Titeln auf der CD richten.
Konzert und CD
Sonntag, 11. Januar, 19 Uhr, singt Jonas Kaufmann im Rosengarten Mannheim.
Begleitet wird er von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
unter der Leitung von Michael Güttler.
Jonas Kaufmann: "Romantic Arias", Arien von Verdi, Weber, Wagner, Puccini,
Bizet und anderen. Prager Philharmoniker, Marco Armiliato. |
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