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Welt, 16.01.2019 |
Von Manuel Brug |
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In der Elbphilharmonie hört man nichts
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Ein Auftritt von Jonas Kaufmann ging im
Unmut der Zuschauer unter, nun will der Star nicht mehr kommen: Wer in der
Hamburger Elbphilharmonie hinter den Sängern sitzt, verpasst den Gesang.
Endlich sagt es mal einer laut: Startenor Jonas Kaufmann mag nicht mehr
in der Elbphilharmonie auftreten. Nachdem es bei seinem letzten Konzert am
Samstag mit Mahlers „Lied von der Erde“ und dem Sinfonieorchester Basel
neuerlich zu störenden Publikumsabwanderungen infolge der schlechten Akustik
im angeblichen Weltklassemusiktempel kam, dachte der Münchner ausgerechnet
im als Elphie-Hauspostille fungierenden „Hamburger Abendblatt“ laut darüber
nach, ob er sein nächstes Konzert an der Elbe nicht lieber in der kaum
kleineren, als Konzertschuhschachtel klanglich makellosen Laeiszhalle geben
solle – um sich und seinem Publikum einen ungestörten Kunstgenuss zu
ermöglichen.
Elbphilharmoniechef Christoph Lieben-Seutter und
Burkhard Glashoff vom größten örtlichen Klassikveranstalter kamen zur
Krisensitzung zusammen und mussten dem erbosten Barden zerknirscht
zustimmen. Für spätromantische Orchestermusik nebst Vokalstimmen ist dieses
Haus ein Unort. Und das – peinlich, peinlich – ausgerechnet als Hamburgs
Kultursenator Carsten Brosda zwei Jahre nach Eröffnung des 800 Millionen
teuren neuen Hafenwahrzeichen neuerlich die Erfolgstrommel anschlug. Und es
stimmt ja auch: Es brummt in dem spektakulären Bau auf dem alten
Kaispeicher. Die Elphi wird spektakulär angenommen – von Touristen und
Menschen, die sie sehen, aber nicht unbedingt darin hören wollen. Denn die
auch an dieser Stelle von Anfang an bezweifelte Akustik ist nach wie vor ein
Problem.
Vor allem bei den überbordenden Partituren der Spätromantik
und frühen Moderne. Und ganz besonders, wenn Chor oder gar Solostimmen
involviert sind. Die trompeten – Gesetz der Physik – nach vorn. Es sitzen
aber gerade in diesem steil hochragenden Saal, den die Architekten Herzog &
de Meuron sowie der Akustiker Yasuhisa Toyota (der auch den neuen Münchner
Konzertsaal betreut) zu verantworten haben, zu viele Menschen hinter den
Sängern. Menschen, die nicht darauf hingewiesen wurden und die auch nicht
viel weniger gezahlt haben, als die Glücklichen auf den besseren Plätzen in
der Front. Das war schon beim allerersten Konzert im Schlusssatz der
Beethoven-Neunten deutlich zu erleben, ebenso in der
Wolfgang-Rihm-Urauführung für Tenor und Orchester. Die eigentlich Jonas
Kaufmann hätte singen sollen, der wegen seiner damaligen Stimmbandprobleme
durch Pavol Breslik ersetzt worden war. Der wurde damals für seine kleine
Stimme kritisiert, aber Kaufmann wäre wohl kaum besser durchgekommen.
„Ein höchstens mittelguter Saal“ Ausgerechnet an diesem
Jubiläumswochenende häuften sich die unerfreulichen Hamburger
Konzertereignisse. Erst kam der weltweit führende Wagnersopran Nina Stemme
in einem eben diesem Komponisten gewidmeten Abend mit dem auf die Akustik
geeichten NDR Elbphilharmonie Orchester unter dem alten Wagner-Fuchs Marek
Janowski nicht so recht zur Geltung. Und tags darauf pöbelten auf Event und
Starglamour eingestellte Zuhörer während des Kaufmann-Auftritts, weil ihnen
ihr Idol zu leise war. Viele wanderten, im zu hellen Saal gut zu sehen, zu
besseren Stehplätzen.
Und auch sonst, wenn man sich umhört in der
Klassikelite: Alle wollen zwar in der Elbphilharmonie auftreten, weil es
Prestige und Beachtung bedeutet, aber die meisten geben keine Bestnoten für
den Klang. Altmeister Riccardo Muti, der bei den Eröffnungsfeierlichkeiten
2017 mit seinem Chicago Symphony Orchestra ohne Probe das erste wirklich
gute Konzert mit einem hausfremden Klangkörper dirigierte und seither nicht
zurückgekommen ist, meinte kürzlich: „Ein höchstens mittelguter Saal.“ Dem
man künftig auf der Webseite das Etikett anheften sollte: „Vor Gesang wird
gewarnt“. |
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