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Westdeutsche Zeitung, 4. März 2014 |
Von Lars Wallerang |
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Der Tausendsassa unter den Tenören
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Lyrisches von Mozart oder Dramatisches von Wagner: Jonas Kaufmann gelingt
der Spagat – auf den großen Opernbühnen der Welt.
Der aus München
stammende Tenor Jonas Kaufmann (44) ist das Chamäleon unter den Tenören,
wandlungsfähig und einsetzbar wie ein Joker beim Kartenspiel: Er passt
immer. Kaufmann singt Lyrisches von Mozart, Dramatisches von Wagner, und bei
Verdi nimmt man ihm den mediterranen Liebhaber ab.
Und er kann auch
Lieder von Franz Schubert subtil interpretieren: Vor wenigen Jahren
beeindruckte er mit der „Schönen Müllerin“, jetzt folgt „Die Winterreise“
nach. Diese stilistische Vielfalt findet man in der Welt des Gesangs nur
wenige Male pro Jahrhundert.
„Kaufmann singt wie ein Gott.“ Opera
Today, US-Online-Magazin
Kein Wunder, dass in Kaufmanns
Terminkalender nur noch Namen der weltweit bedeutendsten Häuser zu finden
sind. Man muss weit reisen, um ihn live zu hören. Berlin, Baden-Baden,
München und Paris sind die nächstgelegenen Destinationen. Ansonsten singt er
in New York, Chicago und Sydney. Vor einigen Jahren noch gastierte er in der
Tonhalle Düsseldorf. Doch mittlerweile fällt für die Städte unterhalb des
Metropolen-Status’ nichts mehr ab von Kaufmanns Jahres-Kapazität.
Dank Ton- und Bildträgertechnik kann sich wiederum jeder Jonas Kaufmann ins
eigene Wohnzimmer holen. Sein aktuelles Repertoire wurde soeben auf CDs,
DVDs und Blue-ray Discs (BD) gebannt. „Kaufmann singt wie ein Gott“,
urteilte das US-amerikanische Online-Magazin „Opera Today“ über seine
Titelrolle in Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ an der New
Yorker Met. Kaufmann wirkt hier smart wie ein Leinwand-Held. Zugleich
fasziniert er mit seinem volltönenden Timbre, gepaart mit sehr
differenzierter Artikulation.
Eben solche Begabung zur Feinzeichnung
ist im Wagner-Fach selten so stark ausgeprägt, dass sie auch noch zum
Liedersingen befähigt. Doch dieser Heldentenor übertönt nicht nur das
Wagner-Orchester, er kann sein großes Stimmmaterial auch so feinsäuberlich
ordnen und kanalisieren, dass es gerade noch in den kleinen Lied-Salon
hineinpasst.
Er verfügt über den Schmelz fürs italienische Fach
Schuberts „Winterreise“ wird eigentlich nie von Wagner-Tenören gesungen,
sondern von Bariton-Sängern mit mäßig großer Stimme. Gewiss merkt man
Kaufmann etwas die Mühe beim Leisesingen an, doch ist diese nicht vergebens.
Ihm gelingt durchaus ein feines Piano, und es hat seinen besonderen Reiz,
die enormen dahinterliegenden Potenziale an Dynamiksteigerung zu spüren.
Wenn an bestimmten Stellen wirklich ein starkes Forte gefordert ist, kann
Kaufmann fantastisch aus dem Vollen schöpfen – im Gegensatz zu den typischen
Lied-Spezialisten.
Und dann Verdi: Kaufmann verfügt über den ganzen
Schmelz fürs italienische Fach. Die Liebesarie des Radames aus „Aida“
gestaltet Kaufmann in seinem jüngsten Verdi-Album hoch emotional, glänzend,
dabei markant männlich, so dass das Bild des sensiblen Heroen voll
ausgefüllt wird.
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