Kurier, 14.7.2012
Peter Jarolin
 
Jonas Kaufmann über den richtigen Moment
Bei den Salzburger Festspielen spielt der deutsche Startenor in gleich zwei Opern. Dem KURIER verrät er den richtigen Zeitpunkt für Rollen als "junger, schöner Gott."

Der Schock war groß. Knapp zwei Monate lang musste Jonas Kaufmann all seine Termine absagen, Gerüchte über eine Stimmkrise des deutschen Startenors machten die Runde. Das war Unfug. Eine Klimaanlage im Flugzeug war es, die zu einem stimmlichen Infekt führte, den Kaufmann auskurieren musste.

Jetzt ist der international gefragte Künstler wieder zurück auf den Podien, die die Opernwelt bedeuten. Auch bei den Salzburger Festspielen, wo Kaufmann heuer in zwei Partien zu erleben ist. Als feuriger Don José in der Wiederaufnahmen von Georges Bizets "Carmen" sowie erstmals in seiner Karriere als Bacchus in "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss. Rollen, auf die sich der Künstler sehr freut.

Ist der Bacchus für Kaufmann eine schwere Partie? "Ich will mich nicht aus dem Fenster lehnen und diese Partie kleinreden. Es ist eine kurze Partie, aber sie hat ihre Tücken. Das beginnt bei den Circe-Rufen hinter der Bühne, die sehr anspruchsvoll sind. Da darf man sich nicht zu sehr verausgaben. Auch die letzten Phrasen sind extrem herausfordernd. Noch dazu machen wir in Salzburg die Stuttgarter Fassung der ,Ariadne". Aber ich bin zuversichtlich ..."

"Bacchus ist ja ein junger, schöner Gott"

Vor fünf Jahren hatte Kaufmann diese Rolle bereits in seinem Kalender. Damals aber kam es nicht dazu. Und heute? War die Zeit reif für diese Rolle? "Nun ja, stimmlich gehört der Bacchus zu den Partien, die ich auch in 20 Jahren noch singen könnte und sollte. Aber da gibt es eine Diskrepanz: Bacchus ist ja laut Hofmannsthal ein junger, schöner Gott", sagt Kaufmann. Und lachend: "Daher singe ich die Rolle schon jetzt."

Wie aber weiß man als Sänger, welche Partien zu welcher Zeit ideal für die Stimme sind? "Das spürt man immer erst auf der Bühne, wenn man wirklich vor Publikum singt. Natürlich denkt man: Jetzt ist meine Stimme dafür oder dafür reif. Die Wahrheit aber bringt erst der tatsächliche Auftritt. Wenn ich dann kein gutes Gefühl habe, lege ich die Rolle wieder zurück."

Ganz wichtig findet Kaufmann übrigens auch Operngalas. Denn: "Ich singe gern Highlights aus meinem Repertoire vor möglichst vielen Menschen. Das ist so, wie wenn Sie ein Museum haben, in dem viele Bilder hängen. Sie werden mit den besten Bildern auf Tournee gehen. In der Hoffnung, dass das Publikum dann später auch ins Museum kommt und sich für die anderen, die unbekannteren Bilder interessiert und begeistert."

Und welche zukünftigen Rollen interessieren den Tenor? "Es gibt derzeit nichts, das mir unter den Nägeln brennt. Natürlich ist ein Tristan interessant. Wir werden sehen. An neuen Opern kommen ,La fanciulla del West", ,Il Trovatore", ,La forza del destino" oder ,Andre Chénier". Die jeweiligen Tenorpartien sind in meinem Kalender fix eingeplant. Das sind also bereits erfüllte Träume."

 
 






 
 
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