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Freie Presse, 16.08.2011 |
Marianne Schultz |
Der Stoff, aus dem Träume sind
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Mehr als 100 Millionen TV-Zuschauer sahen 2006 ein Berliner Konzert mit Anna
Netrebko, Placido Domingo und Rolando Villazón. Diesen Erfolg könnten Jonas
Kaufmann und Erwin Schrott mit der schönen Russin heute Abend wiederholen.
Die schönsten Opernarien und Liebesduette schicken die Drei auf einer
gemeinsamen CD voraus, ihre größten Erfolge von Mozart bis Wagner, doch
exklusiv daran ist lediglich eine bisher unveröffentlichte Arie von Anna
Netrebko, "Les filles de Cadix" von Léo Delibes. Alles andere dürfte bekannt
sein: Die wunderbare Aufnahme mit Anna Netrebko als Mimi ("La Bohème"),
Jonas Kaufmanns unglücklich hoffender Don José ("Carmen") und Erwin Schrotts
frech provozierender Leporello "Madamina" ("Don Giovanni"), seine
Paraderolle im übrigen, mit der der Bassbariton aus Uruguay mehrfach bei den
Salzburger Festspielen gastierte und dabei auch sein beachtliches
schauspielerisches Talent offenbarte.
Während sich ein
geerdeter Jonas Kaufmann aus München weitgehend Klatsch und Tratsch entzieht
- er ist verheiratet mit der Mezzosopranistin Margarete Joswig, beide haben
drei Kinder und genügend Trubel mit den Kleinen im Haus - und sich voll aufs
Berufliche konzentrieren kann, auf seine Auftritte als Siegmund an der
Metropolitan Opera in Richard Wagners "Walküre" in New York beispielsweise,
kann sich das Glamourpaar Netrebko-Schrott kaum dagegen wehren.
Die Lust zu leben
Wie sieht sie aus, was hat sie an?, will man
wissen. Ob man bald heiraten wird?, beantworten beide klug und weise damit,
dass ihre Liebe groß sei, wie verheiratet eben. Gerüchte werden nicht
kommentiert. Und wenn beide im offen Cabrio dieser Tage bei den Salzburger
Festspielen vorfahren und die Lust zu leben zelebrieren, sie als Stilikone
in einer wahnsinnig schönen Glitzerrobe, dann muss sich selbst die
Bundeskanzlerin vom Feuilleton den Vorwurf anhören, dass man dasselbe Kleid
nicht dreimal trägt. Nicht in Salzburg und nicht in Bayreuth.
Schade
eigentlich, denn die württembergische wie die sächsische Hausfrau müssen
ihre Kleider schließlich auch mehrfach tragen (sparsam, wie sie sein
sollen). Interessanter wird der Blick in die Zukunft. Wird Anna Netrebko
bald ins dramatische Fach wechseln, Richard Wagner singen? Ja, sie will,
ihre Stimme sei dafür reif.
Eine Stimme, die immer schöner wird,
zumal nach der Geburt ihres Kindes. Dunkler, seidenweicher Samt umhüllt den
strahlenden Sopran, der weltweit begeistert als Nummer eins gefeiert wird.
Die Sommertournee zu dritt läuft erfolgreich, die drei weltbekannten Sänger
haben bereits vor 15.000 Zuhörern auf dem Münchener Königsplatz sowie in der
Wiener Stadthalle umjubelte Konzerte gegeben. Berlin ist die letzte Station
ihrer gemeinsamen Tour, hier werden nochmal 18.000 Zuschauer erwartet. Das
ZDF überträgt die Veranstaltung zeitversetzt ab 22.15 Uhr.
Begleitet
werden sie in Berlin von der Prager Philharmonie mit mehr als 100 Musikern,
die bereits gemeinsam mit Anna Netrebko ihr Erfolgsalbum "Souvenirs"
eingespielt hat. Die musikalische Leitung hat Marco Armiliato, der zuletzt
mit der konzertanten Aufführung von "Adriana Lecouvreur" mit Angela
Gheorghiou und Jonas Kaufmann an der Deutschen Oper in Berlin gastierte. Die
Stars wählten sich ihr Lieblingsprogramm, auch solche Titel, die weniger
bekannt sind. Es reicht von Mozart, Verdi, Puccini, Bizet bis hin zu George
Gershwin. Die Netrebko singt mit Erwin Schrott ein Liebesduett aus "Porgy
und Bess", freuen darf man sich auch auf südamerikanischen Tango.
Das
Publikum verlangt die Hits
In ihrem jüngsten "Stern"-Interview
äußerte sich die Sängerin auch über die Erwartungen ihres Publikums an sie.
Sie sei sich völlig im Klaren darüber, dass das Publikum einen Hit nach dem
anderen von ihr hören wolle. "Und wenn ich zum Schluss meine Schuhe nicht in
die Luft werfe und wild barfuß tanze, sind sie enttäuscht." Ebenfalls dem
"Stern" offenbarte sie, dass sie sich ärgere über die Eintrittspreise.
"Egal, wo ich hinkomme, kämpfe ich gegen diese überhöhten Ticketpreise, ich
hasse das, es nervt mich. Ich habe auch nichts davon. Ich bekomme meine Gage
und bezahle davon 50 Prozent Steuern. Den Rest bekommen andere." |
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