Die Brücke, Kulturmagazin Kärnten, September 2010
Alexander Gerdanovits
Von Klagenfurt auf den Olymp
Die Weltkarriere des Startenors Jonas Kaufmann nahm ihren Ausgang am Klagenfurter Stadttheater. Welche Rolle er damals spielte und wie er es schaffte mit seiner unvergleichlichen Stimme zu Weltruhm zu gelangen, verrät die BRUECKE auf Seite 17.
Audio: Se all'impero amici dei, Klagenfurt 1999
Leider habe ich nur diese Arie und keine komplette Aufnahme der Aufführung.
Giselbert Hoke betonte einst in einem Gespräch mit mir, dass gute Kunst durch nichts, durch keine äußeren Umstände verhindert werden könne, früher oder später komme sie auf jeden Fall zum Vorschein. Das Gleiche könnte man über gute Stimmen sagen – eine einzigartige Stimme setzt sich letztendlich immer durch.

Jonas Kaufmann, von allen Medien als einer der besten Tenöre der Gegenwart, als Beau der Opernwelt, als Topstar genannt und erkannt, hat es schließlich in den Olymp der Oper geschafft: seit seinem umjubelten Auftritt im Februar 2006 an der New Yorker Metropolitan Opera in „La Traviata“ an der Seite der rumänischen Diva Angela Gheorghiu gilt er als die heißeste Aktie in der Musikwelt. Heuer fand auch sein vielbeachtetes und gefeiertes Debüt als Lohengrin bei den Bayreuther Festspielen statt.

Und derselbe Jonas Kaufmann sang in der Spielzeit 1998/99 am Stadttheater Klagenfurt die Titelrolle in Mozarts Oper „La clemenza di Tito“. Es war vor allem Heide Rabal, die in der Pflegerl-Ära für Besetzungen im musikalischen Fach zuständig war, ihren guten Kontakten und ihrem unglaublichen Gespür für junge, aufstrebende und vielversprechende Sänger zu verdanken, dass das Klagenfurter Publikum über Jahre die Möglichkeit hatte, hervorragende Interpreten, die sich teils noch am Beginn ihrer Karriere befanden, zu hören. Jonas Kaumann war nach einem Erstengagement in Saarbrücken und nach drei Jahren als freischaffender Künstler, in denen er zumeist in Stuttgart sang, in Klagenfurt als Titus zu bewundern. Es war eine schwierige Zeit für den jungen Sänger. Das sprichwörtliche Nicht- Gelten des Propheten im eigenen Land bekam er auch zu spüren. Mit den Opern in Zürich und Stuttgart hatte er gute Erfahrungen gemacht, an die Bayerische Staatsoper wurde der gebürtige Münchner jedoch in jener Debützeit nicht engagiert.

Wer Jonas Kaufmann 1999 in Klagenfurt erlebte, kann sich mit Sicherheit an sein leuchtendes Timbre, an die intelligente Phrasierung und an seine markante Bühnenpräsenz erinnern. Dass er ein lyrischer Tenor mit großem Potenzial war, konnte man bereits damals erkennen. Dass er jedoch einige Jahre später dramatisch anspruchsvolle Rollen wie Don José in „Carmen“ und Mario Cavaradossi in „Tosca“ singen würde oder sogar als Lohengrin so erfolgreich sein könnte, wagte wohl niemand zu behaupten.

Jonas Kaufmann war zur Zeit seines Klagenfurter Engagements noch nicht auf dem Zenit des Könnens. Sein schönes, mittlerweile dunkel gefärbtes Timbre entfaltete sich jedoch schon damals auch in Höhen und seine Pianissimi betörten die Zuhörer. Eine solche interessante, raffinierte Stimmführung hörte man nicht allzu oft. Sein Italienisch klang idiomatisch. Kaufmann verfügt über eine seltene musikalische Intelligenz, jede Rolle wird von ihm künstlerisch geadelt. Er lässt sich nicht auf ein ganz bestimmtes Fach festlegen, vor seiner Lohengrin-Serie in Bayreuth sang er zum Beispiel „Tosca“ in München und findet es gut so. Sein weit gespanntes Repertoire umfasst Mozart, Verdi, Puccini, Bizet, Massenet, sowie auch Wagner und den deutschen Liedgesang. Sein wunderbar timbrierter, frei strömender Tenor spricht in allen Lagen ansatzlos an. Die emotionale Durchdringung der Partien ist immer ausgereift und ergreifend.

Empfehlenswert ist auch die kürzlich erschienene Biographie Jonas Kaufmann: Meinen die wirklich mich? In diesem Buch erzählt Jonas Kaufmann über eine ganz normale Kindheit, über seinen Theateralltag, über die wichtigsten Stationen seines Lebens und gibt Einblicke in seine musikalische Welt. Beiträge von Angela Gheorghiu, Christa Ludwig, Placido Domingo, Antonio Pappano, Franz Welser-Möst u.v.a. ergänzen das gelungene Porträt dieses Sängers – unter seinen CDs ist vielleicht die jüngste hervorzuheben:
Verismo erscheint im September
 






 
 
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