Frau im Spiegel, Nr. 8/2008, 14. Februar 2008
S. NOLDEN
Ein Mann für alle Fälle
 
Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande. Gut, dass der deutsche Super-Tenor JONAS KAUFMANN im Alter von 38 Jahren endlich auch hierzulande entdeckt wird. Wir hätten sonst einiges verpasst!

Die samtstimmigen Latin Lover von Juan Diego Flórez bis Rolando Villazón müssen sich warm anziehen. Ein neuer Herzensbrecher auf der Opernbühne ist dabei, ihnen den Rang abzulaufen. Der Münchner Tenor Jonas Kaufmann, 38, macht jetzt endlich auch in seiner Heimat Karriere, nachdem er zuvor bereits die Opernsäle von Zürich bis New York erobert hat. Wegen seiner Ausnahmestimme und seiner Bandbreite gilt er als neuer Hoffnungsträger der deutschen Klassikszene. Und dabei sieht der charmante Sonnyboy auch noch umwerfend gut und sexy aus, so dass er immer wieder mit Hollywoodstars wie Antonio Banderas oder Brad Pitt verglichen wird.

Jonas Kaufmann freut sich über die Aufmerksamkeit. Zu Kopf gestiegen sind ihm die Elogen jedoch nicht. Selbstbewusst nimmt er Komplimente über seine volle, warme Stimme zur Kenntnis. Gern erzählt er, dass er sich morgens einsingt bis über das hohe C hinaus, das einst Pavarotti berühmt machte; „und in der Tiefe kann ich sogar Bässen Konkurrenz machen.“ Die Sache mit dem Aussehen, versichert der Opern-Beau dagegen glaubhaft, sei ihm egal. „Ich fühle mich geschmeichelt, aber letztlich ist das nichts, was ich aus eigener Leistung erreicht habe.“

Der Weg auf die Bühne war Kaufmann nicht vorgezeichnet. Sein Vater war Jurist bei einer Versicherung. Doch die Eltern nahmen ihn schon früh mit in Konzerte und Opern. „Angeblich wollte ich schon als kleiner Junge Sänger werden — so wie andere Lokomotivführer“, sagt er. Er sang im Schul- und im Knabenchor. Sein Opa finanzierte ihm später Gesangsstunden. Aber nach dem Abitur studierte Kaufmann zunächst Mathematik. Erst nach vier Semestern wechselte er an die Münchner Musikhochschule.

Heute schwärmt er: „Was gibt es Schöneres, als wenn man aus seinem Hobby einen Beruf macht und damit auch noch richtig Geld verdient. Ist doch fantastisch!“ Die Spielfreude, seine Vielseitigkeit und seine Bühnenpräsenz machen Kaufmann zum neuen Stern am Opernhimmel. Mühelos wechselt er von Mozart zu Verdi, von Wagner zu Puccini. Und wenn er dann noch zugibt: „Ich bin ein romantischer Mensch, deshalb spiele ich gern romantische Rollen“, schmelzen vor allein weibliche Opernfans dahin. Doch Kaufmanns Herz ist schon vergeben — an seine Frau, die Mezzosopranistin Margarete Joswig, und seine drei Kinder, ein, vier und neun Jahre alt.

Derzeit gibt es reichlich Gelegenheit, den smarten Heidentenor auch hierzulande live zu erleben. An der Berliner Staatsoper unter den Linden singt er den Rodolfo in „La Bohème“, eine seiner Paraderollen. In München und Hamburg gibt er Konzerte (24. und 28. Februar). Und endlich ist er auch auf CD zu hören. Aber wahre Fans sollten sich ihn auch als Augenschmaus live gönnen...
S. NOLDEN






 
 
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