HNA, 18. September 2013
Werner Fritsch
 
Er kam, sang und siegte
Wertung: *****
 
Der Ausnahmetenor Jonas Kaufmann erobert sich mit seinem Verdi-Album ein neues Repertoire
Wagner ist durch. Bereits im Februar hatte Deutschlands Vorzeige-Tenor Jonas Kaufmann dem Bayreuther Meister zum 200. Geburtstag mit einem bemerkenswerten Album gehuldigt. Jetzt ist der andere Jubilar an der Reihe: „The Verdi Album" heißt das neue Werk Kaufmanns zu Ehren des großen Italieners, dessen 200. Geburtstag am 9. Oktober gefeiert wird.

Geht es um die Schönheit der Stimme, strahlende Höhe, feines Legato, die Verbindung von Kraft und Eleganz, dann ist Verdis Musik noch immer das Maß aller Dinge für einen Tenor. Und Jonas Kaufmann, der Anfang Oktober den Echo-Klassik-Preis als Sänger des Jahres entgegennehmen wird, beweist, dass er in der ersten Reihe der Verdi-Interpreten steht.

Mit dem Klassiker „La donna mobile" aus „Rigoletto" (einem Hit, der längst in der Pizza-Werbung abgekommen ist) eröffnet Kaufmann das Album und schmettert, wie sich's gehört, das hohe H mit Bravour.

Doch auch selten gehörte Arien finden sich unter den zwölf Titeln, die Kaufmann mit dem Orchestra dell'Opera di Parma und dem Dirigenten Pier Giorgio Morandi aufgenommen hat. Die meisten Arien hat Kaufmann eigens für dieses Album einstudiert.

Erstaunlich, dass sich Kaufmann Verdi erst relativ spät intensiv widmet und beispielsweise die Partie des Radames in „Aida" bisher nie gesungen hat. Hier nun begeistert er in der Szene und Romanze „Se quel guerrir io fossi - Celeste Aida" mit edler Stimmkultur bis zum betörenden Pianoschluss.

Ähnliches gilt für die Partien des Manrico aus „Il Trovatore" (Der Troubadour) und des Alvaro in „La forza des destino" (Die Macht des Schicksals), mit denen sich Kaufmann hier noch vor seinen Bühnen-Debüts präsentiert.

Ein Highlight dieses Albums sind Rezitativ und Arie „ O inferno! - Sento avvampar" des Gabriele Adorno aus der Oper „Simon Boccanegra". Mit strahlender Höhe, kraftvoll und bezwingend eindringlich präsentiert sich Kaufmann in dieserdramatischen Szene, die in einem innigen Gebet endet.

Den idealen Verdi-Tenor für alle Opern-Partien kann es nicht geben. Kaufmann, der die hochdramatischen Rollen bisher mied, zeigt jedoch zum Schluss des Albums eindrucksvoll, dass er auch Verdis vielleicht anspruchsvollster Tenorpartie, Otello, gewachsen ist - und sie in absehbarer Zeit auch auf der Bühne präsentieren wird. Dem großen Monolog Otellos „Dio! mi potevi scaliar", erst recht aber der Szene „Niun mi tema" im Angesicht der toten Desdemona verleiht er mit mit seiner dunkel timbrierten Stimme finstere Dramatik - und zeigt, dass er als Verdi-Sänger auch die Attacke beherrscht.








 
 
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