NZZ, 18.09.2009
Th. B.
 
Deutschland sei berühmt für seine Komponisten und jetzt auch für seine Sänger, trommelte das Marketing von Jonas Kaufmann anlässlich der Veröffentlichung seiner neuen CD. Hat es denn einen Peter Anders, einen Rudolf Schock, einen Fritz Wunderlich - um bei den Tenören des Zwischenfachs zu bleiben - nie gegeben, und sind Peter Seiffert oder Klaus Florian Vogt nicht bedeutende gegenwärtige Vertreter der deutschen Opernlandschaft? Die vollmundige Ankündigung des von keinem Geringeren als Claudio Abbado mit eleganter Transparenz dirigierten Rezitals regt förmlich zu einem einordnenden Vergleich an, und da lässt sich sagen, dass Kaufmann zwar ein imaginativer Gestalter ist, aber keineswegs die Leistung anderer grosser deutscher Tenöre überschattet - dazu ist seine Tongebung entschieden zu unausgeglichen. Das Piano, beispielsweise, verfügt über geringere klangliche Intensität als die höheren Lautstärkegrade, was in den Ausschnitten aus «Lohengrin» dazu führt, dass sich Transzendenz kaum mitteilt. Andererseits gibt Kaufmann einen Tamino, der in erfreulicher Weise mit beiden Beinen auf der Erde steht. Von der charakteristischen baritonalen Färbung der Stimme profitieren der - etwas unstet gesungene - Siegmund aus «Walküre» («Winterstürme wichen dem Wonnemond») und der in zwei Ausschnitten repräsentierte Parsifal. Als Florestan («Gott! welch Dunkel hier!») erreicht Kaufmann - rein vokal gesehen - ein mittleres Niveau, doch auch hier zieht er als involviert-involvierender Interpret Aufmerksamkeit auf sich. Jonas Kaufmann: Sehnsucht. Mozart, Beethoven, Wagner. Mahler Chamber Orchestra, Leitung: Claudio Abbado.






 
 
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