Die Rheinpfalz, 4.07.09
Frank Pommer
 
Sehnsucht, dein Name ist Siegfried
ANGESPIELT: Jonas Kaufmanns zweite Solo-CD
Der Tenor Jonas Kaufmann gehört zu den aktuellen Topstars der KIassikszene. Dennoch verlief die Karriere des gebürtigen Münchners zunächst einmal etwas unbeachtet vor allem von der deutschen Öffentlichkeit. Das hat sich spätestens im vergangenen Jahr geändert. Da erschien seine erste Solo-CD bei Decca, vermarktet vom Branchen-Riesen Universal. Jetzt legt Kaufmann mit „Sehnsucht‘ nach.

Klingt ja schon etwas kitschig: „Sehnsucht“. Und dann noch diese Bilder: der smarte Kaufmann als Caspar-David-Friedrich-Figur irgendwo im Riesengebirge vor sich hin sehnend und träumend. Man sollte sich davon nicht abschrecken lassen. Auf die Stimme von Jonas Kaufmann kommt es an, und die präsentiert hier zusammen mit dem äußerst engagiert, zugleich sehr differenziert musizierenden Mahler Chamber Orchestra unter Claudio Abbado deutsches Repertoire. Man könnte auch sagen: deutschen Belcanto — von Mozart über Beethoven zu Schubert und Wagner.

Wagners Musik gibt den Rahmen ab für die CD: Lohengrin, Siegmund, Parsifal, die lyrischen Heldenpartien. Das ist das, was im Moment möglich ist für Kaufmann. Auf CD wie auf der Bühne. Morgen Abend singt er den Lohengrin zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele (wir berichten in unserer Dienstagsausgabe), in Bayreuth übernimmt er die Partie im nächsten Jahr. Da hört man doch mal genauer hin: Und freut sich auf einen „Siegfried‘. Denn genau den kann man jetzt schon mithören. Selten klang ein Lohengrin reifer, männlicher, heldischer als der von Jonas Kaufmann. Und man hat dann auch überhaupt keinen Zweifel mehr daran, dass er eines Tages tatsächlich auch den Siegfried in Wagners „Ring“ singen wird.

Das dauert noch ein wenig. Derweil tröstet sich Kaufmann mit der unglaublichen Flexibilität seiner Stimme, die ja im französischen und italienischen Fach ebenso zuhause ist. Aber eben auch noch bei Mozart: Die „Bildnisarie“ aus der „Zauberflöte“ darf natürlich nicht fehlen. Es gibt Mozarttenöre, die singen das leichter, luftiger, zarter. Doch auch Kaufmann kann die Partie noch bewältigen, und sein Tamino klingt eben nicht wie ein dummer Schuljunge, der sich von sternflammenden Königinnen und finsteren Sarastros herumkommandieren lässt, sondern wie ein erwachsener Mann, der in einer tiefen Krise steckt und hofft, über die Liebe aus dieser herauszukommen. Es folgen Beethovens Florestan Arie aus „Fidelio“ und Arien aus Schuberts Opern „Fierrabras“ und „Alfonso und Estrella“. Dann wieder: Wagner. Siegmunds „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ aus der „Walküre“ muss sein. Schließlich Parsifal. Einen besseren Sänger für diese Partie gibt es derzeit nicht!






 
 
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