Stereoplay, November 2013
Martin Mezger
 
Verdi, Messa da Requiem
Da rollt das R, und ein grotesker Akzent auf „Re-(quiem)" verzeichnet den flüsternden Beginn von Verdis Totenmesse vollends zur GeisterbahnKarikatur.Tatsächlich ist es ein Notruf: Der Scala-Chor kann nur weniger laut, aber kein substanzielles Pianissimo singen. Trotz markiger Einsätze klanglich diffus (etwa in der „Libera me"-Fuge) ist der Aufnahme kaum chorische Intensität beschieden. Wesentlich prägnanter spielt das Scala-Orchester, namentlich die noblen Holzbläser, doch Daniel Barenboim wölbt nur unverbindliche Spannungsbögen und schlägt aus der „Dies Irae"-Apokalyptik nur routinierte Dramatik heraus. Die Tempi verbiegt der Dirigent bisweilen zu ans Kitschige grenzende Ritardandi, andererseits beseelt kein organischer Sog die Animato-Passagen. Und das Klangbild hilft dem Ganzen mangels Tiefenschärfe auch nicht auf die Sprünge. Jonas Kaufmann beeindruckt mit gekonnter Fokussierung, aber auch mit farbenreich-expressivem Piano. Im „Agnus Dei" beeinträchtigt Sopranistin Anja Harteros durch ihr Vibrato den ruhigen Fluss der Oktavparallelen mit Mezzo-Kollegin Elina Garanca. Doch im „Libera me" überzeugt sie mit dramatischem Ausdruck bis hinab in die stammelnde Tiefe, während Garanca im „Dies Irae" dynamisch und gestalterisch zu wenig differenziert. Rene Papes dunkler Bass fügt sich ins Kantable; gebührende „Confutatis"-Autorität ist ihm freilich nicht gegeben.Insgesamt und trotz manchem Solo-Glanz ist diese Live-Aufnahme aus der Scala schlicht, also nichts Besonderes.






 
 
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