Die Welt, 11.10.13
Von Manuel Brug
 
Requiem. Harteros, Garanča, Kaufmann, Pape, Barenboim
Verdi hat neben seinen 28 Opern nur wenig anderes hinterlassen, auffällig aber im Spätwerk zwei große geistliche Kompositionen, das Requiem von 1874 und die skizzenhaft tastenden Quatro Pezzi Sacri von 1898 – wo alte Muster mit neuem Klanginhalt gefüllt werden. Die in ihrer entspannten Experimentierhaltung um so erstaunlicher wirken, wenn man weiß, was für Schwierigkeiten er mit der Amtskirche seiner Zeit hatte.

Bei der Decca ist nun auch die seit 2009 erste Requiem-Aufnahme erschienen, wieder "nur" ein Mitschnitt aus dem Teatro alla Scala. Daniel Barenboim hat das Stück in den letzten Jahren in dieser oder leicht variierenden Besetzung öfters aufgeführt, mit dem Scala-Orchester wie diesmal, aber auch mit der Berliner Staatskapelle. Auffällig ist sein alfresco-Zugang, nicht sonderlich nuanciert, wenig um dynamische Abstufung und Rubato-Atem bemüht. Er gibt hier nur laut und leise, viel Drama wenig Vergeistigung, wobei der idiomatisch wohltuende Scala-Chor da gerne mitzieht.

Und auch das Solistenquartett, so großartig jeder im Einzelnen ist, es wächst nicht zusammen. Die Stimmen der beseelten Anja Harteros und der instrumental kühlen Elīna Garanča mischen sich nur mäßig, René Pape sing mit wenig Autorität und viel Autopilot. Einzig Jonas Kaufmann, wenn auch zu oft zu stark eingedunkelt, macht mit der Harteros eine fast makellose Klangfigur, das "Ingemiso" missbraucht er nicht als Schaustück sondern führt hier verinnerlichte Vokalwerte vor. Und trotzdem wohl das Beste, was gegenwärtig möglich scheint.
 






 
 
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