Klassik Heute, 11.09.2015
Ekkehard Pluta
 
Jonas Kaufmann - Nessun dorma - The Puccini Album
 
 
Dieses ganz Giacomo Puccini gewidmete und auch seine weniger bekannten Opern berücksichtigende Recital bei seiner neuen Vertragsfirma Sony, das an das noch bei Decca publizierte Album „The Age of Puccini“ anschließt, bestärkt den Eindruck, den ich unlängst bei der Münchner Manon Lescaut gewonnen habe: Jonas Kaufmann ist nicht nur in Bezug auf das Marketing, sondern auch in seinem Darstellungsstil auf dem Weg, die Nachfolge von Plácido Domingo anzutreten, und ich meine da den Domingo der 70er und 80er Jahre. Da ist alles auf stimmliche Strahlkraft und eine dramatische Intensität abgestellt, die unterschiedslos auf alle Rollen projiziert wird, obwohl Puccinis Opern sehr verschiedenartige Tenortypen verlangen, vom lirico leggero (Rinuccio) bis zum spinto (Calaf).

Kaufmann lässt vokal gern die Muskeln spielen, was bei Puccini nur fallweise gefragt ist. Zwar trotzt er sich hier und dort ein mezza voce oder gar ein piano ab, aber richtig wohl fühlt er sich erst, wenn er ganz „aufmachen“ kann. Auch im Studio singt er gleichsam für die Galerie. Seinen Verehrern wird es recht sein. Mich überzeugt er am ehesten in den Partien, die dem Verismo nahe stehen, also als Luigi in Il tabarro oder als Johnson in La fanciulla del West. In der Partie des Des Grieux ist er mit seinem ariosen Ausbruch im 3. Akt („Ah! Non v’avvicinate!“) am richtigen Platz, während für die Arie des 1. Aktes („Donna non vidi mai“) Geschmeidigkeit und Poesie fehlen. Dieses Manko zeigt sich auch im Duett aus dem 1. Akt von La Bohème („O soave fanciulla“), in das sich Kaufmann ganz heroisch hineinstürzt, um dann mit seiner Partnerin Kristīne Opolais erst allmählich die wünschenswerte Intimität zu finden. Die lettische Sopranistin hinterläßt in zwei Duettszenen aus Manon Lescaut einen ausgezeichneten Eindruck.

Zum Lob dieses Albums muß man sagen, dass es nicht allein den Tenor in den Fokus rückt, sondern auch dem Komponisten die verdiente Ehre erweist. Es handelt sich also nicht um eine Anhäufung von Arien-Highlights, vielmehr werden alle Nummern in ihrem szenischen Zusammenhang wiedergegeben; da fehlen weder die Einwürfe der Nebenrollen noch die des Chores (beim Titel gebenden „Nessun dorma“), und das musikalische Umfeld des Sängers ist überdurchschnittlich gut: Tüchtige Comprimarii (Massimo Simeoli, Antonio Pirozzi), ein sehr guter Chor und das versierte Orchester der Accademia di Santa Cecilia unter der animierenden Leitung von Antonio Pappano.







 
 
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