Kleine Zeitung, 12. September 2015
Ludwig Heinrich, Ernst Naredi-Rainer
 
Intensität ohne Kitschgefahr
 
Startenor Jonas Kaufmann glänzt als Puccini-Interpret - auf einer neuen CD und live in einem vom NDR aus London übertragenen Galakonzert.
 
Die glühende Intensität seines Vortrags fasziniert ebenso wie die virile Schönheit seines Bronzetenors. Jonas Kaufmann, der weltweit begehrteste Vertreter seines Stimmfachs, widmet sich aufseinem neuen Album dem Opernschaffen von Giacomo Puccini. „Bei Verdi haben den Menschen Heldentum und Patriotismus gefallen, doch Puccini hat ihre Herzen erreicht -auch meines", gesteht der Star, der nie der Versuchung erliegt, die Emotionalität dieser Melodien zu überfrachten. Er gerät nie an die Kitschgrenze und meidet aufgesetzte veristische Effekte.

Immer kürzer
Dank seiner stimmlichen Flexibilität kann er Puccinis gesamtes Opernschaffen durchmessen, von den Frühwerken „Edgar" und „Le Villi" bis zur „Turandot", deren Schlager seinem Album den Titel leiht. Dabei konstatiert er eine interessante Entwicklung: „Mit der Zeit wurden seine Arien viel kürzer. Das mag mit der Erfindung der Schellacks und dem großen Star Enrico Caruso zu tun haben. Auf den Schellacks ging sich eben nur eine gewisse Minutenzahl aus." Für den jungen Rinuccio im „Gianni Schicchi" wählt Kaufmann einen schlanken Ton, als Des Grieux in „Manon Lescaut" und als Calaf in der „Turandot" bringt er seine großen dramatischen Qualitäten ein.

Kaufmann protzt nie mit den Qualitäten seines Ausnahmetenors, badet nicht im Glanz seiner strahlenden Spitzentöne, setzt, Puccinis dynamische Anweisungen differenziert umsetzend, oft auch sein etwas gaumiges Piano ein, das nicht ganz so substanzvoll klingt, wie bei den großen italienischen Vorgängern.

Zur überragenden Qualität des neuen Albums tragen die Sopranistin Kristine Opolais sowie der Chor und das Orchester der Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom bei, die unter ihrem Chef Antonio Pappano mit höchster Stilkompetenz agieren.

Zwei Livemitschnitte
Zur selben Zeit wie Sony Classical brachte Kaufmanns früheres Label Decca das Album „The Age of Puccini" mit kompilierten Aufnahmen aus den Jahren 2007 bis 2010 heraus. Es enthält, zum Großteil ebenfalls von Antonio Pappano souverän dirigiert, neben Arien von Puccinis Zeitgenossen auch die Hits aus „La Bohème", die auf dem Sony-Album fehlen. Der japanische Konzern hat aber noch zwei weitere Kaufmann-Trümpfe in der Hand: Im Herbst erscheinen die Mitschnitte von ,,La fanciulla del West" aus der Wiener Staatsoper und „Manon Lescaut" aus dem Royal Opera House in London auf DVD.

Heute singt Kaufmann in der „Last Night of the Proms" in der Royal Albert Hall in London Arien von Puccini und - als erster Deutscher - „Rule, Britannia!








 
 
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