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SWR, 28.2.2024 |
SWR2 Treffpunkt Klassik, Manuel Brug
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„Aufnahme mit Ewigkeitswert“: Jonas Kaufmann in Wagners „Parsifal“ |
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Die
großen CD-Firmen veröffentlichen kaum noch Opern, schon gar keine mehr von
Richard Wagner. Zu aufwändig scheint das geworden, man überlässt die
Dokumentation von Sängern und Inszenierungen ganz den ebenfalls
schwindsüchtigen DVD-Distributoren. Doch drei Jahre nach seiner Aufzeichnung
fand jetzt – dank eine Luxusbesetzung mit Jonas Kaufmann, Georg Zeppenfeld
und erstmals Elīna Garanča – ein Wiener Live-„Parsifal“ unter Philippe
Jordan seinen Weg in den Sony-Katalog.
Zum Raum wurde bei dieser
Live-Aufnahme die Zeit in einem sehr speziellen Maß – ganz anders als sie
sich Richard Wagner für sein letztes Opernopus, das Bühnenweihfestspiel
„Parsifal“ hätte erdenken können.
Knapp 139 Jahre nach seiner
Uraufführung hatte das eigentlich dem Bayreuther Festspieltempel
vorbehaltene Werk eine denkwürdige Premiere an der Wiener Staatsoper.
Kirill Serebrennikow inszenierte aus dem Hausarrest Im Frühjahr 2021,
kurz vor Ostern, wie es sich für die „Parsifal“-Tradition gebührt,
inszenierte der russische Regisseur Kirill Serebrennikov – allerdings via
Zoom von Moskau aus.
Er saß nämlich im Hausarrest, der gegen ihn als
erklärten, heute im Berliner Exil lebenden Putin-Regimegegner verhängt
worden war. Und in der Wiener Oper gab es kein Publikum, die Pandemie hatte
es in den zweiten Lockdown getrieben. So fand dies alles nur vor den
ORF-Mikrophonen und -Kameras statt.
Videofassung wäre noch besser
gewesen Die Videofassung der packenden Aufführung wäre freilich noch
besser gewesen. Denn nicht nur gab die auch darstellerisch tolle Elīna
Garanča hier ihr Kundry-Debüt. Sie sang zudem luxuriös die „Stimme von oben“
im ersten Gralstempelfinale.
Ein wenig von der
melancholisch-mythischen Stimmung in dem leeren Opernhaus scheint sich auch
durch diese überdurchschnittlich guten, aus mehreren Proben und der zunächst
ersten und einzigen Covid-Aufführung montierte Einspielung zu ziehen.
Parsifal eine gute Jonas-Kaufmann-Rolle Gleichwohl brennt auch hier
die Luft, wenn Garanča-Kundry den willigen Kaufmann-Parsifal verführt. Und
der antwortet – als reiner Tor natürlich entsetzt – mit seinem charaktervoll
baritonalen Timbre.
Parsifal ist eine gute Jonas-Kaufmann-Rolle im
vorgerückten Alter. Und so singt er kontrolliert und klar die kürzeste aller
Wagner-Titelpartien.
Sänger-Ensemble überzeugt weitestgehend
Garanča, nicht minder klug, gefällt in der Textausdeutung, mit sexy Höhen
und gurrender Mittellage. Neuerlich zum Niederknien intoniert in fließend
wortdeutlichem Silberdunkelbass der verlässliche Georg Zeppenfeld den
Gralshüter Gurnemanz.
Edel besetzt ist zudem der Amfortas mit Ludovic
Tézier. Deutlich abgesungen tönt hingegen der Klingsor von Wolfgang Koch.
Aufnahme mit diskographischem Ewigkeitswert Im Verlauf dieser vier
Musikstunden verweigert sich Philippe Jordan jeglicher Andacht und
(Schein-)heiligkeit, nach etwas zähem Vorspiel wird hurtig und sachlich
klangfein vorwärtsdirigiert.
Bis nach abgeklärtem Karfreitagszauber
und zweiter Gralsenthüllung, doch noch dem Bühnenerlöser die Wagner-Erlösung
gewährt wird. Ein neuer, modern sachlicher, durchaus lohnender „Parsifal“
also, der nicht nur Covid-Memento ist, sondern diskographischen
Ewigkeitswert beanspruchen darf.
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