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Fono Forum, August 2020 |
Johannes Schmitz |
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Otello |
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Schon
beim Auftritts- „Esultate" springt der Funke der Emotion über, am Rande des
Überdrehens. Keine Frage: Jonas Kaufmann hat den Otello in der Stimme. Und
es ist besonders beeindruckend, dass in jedem Ton, den er singt, mehr liegt
als dieses „Haben". Kaufmann hat den Anspruch, für den Hörer Otello zu sein.
Kein Ausbruch ist vokaler Selbstzweck, die phänomenale Bandbreite von
Dynamik und Klangfarben ist ein Erlebnis, die Treue zum Notentext
beeindruckend. Von jeder einzelnen Phrase hat er eine klare
interpretatorische Vorstellung. Ob und wie stark das den Hörer am Ende
emotional packt, bleibt letztlich auch von persönlichen Hörvorlieben
abhängig. Aber angesichts der überragenden künstlerischen Leistung Kaufmanns
verbietet sich jede stimmfetischistische Vergleicheritis.
Jonas
Kaufmann ist aber nicht das einzige Ereignis dieser Aufnahme. Er hat in
Antonio Pappano einen Dirigenten vor sich, der ebenfalls die Fähigkeit
besitzt, mit ausgefeilten Details einen großen Spannungsbogen zu gestalten.
Kammermusikalisch durchhörbar ist dieser Otello und entfaltet zugleich seine
ganze Wucht. Die Sänger können auf dieser vibrierenden Basis ihre Figuren
gestalten, was nach Kaufmann Carlos Alvarez als Jago am besten gelingt.
Seine stimmliche Potenz ist schier unbegrenzt, der Neigung zum vordergründig
Bösen entgeht er nicht ganz, auch weil dieser kernigen Stimme jede Weichheit
fern liegt.
Die Sängerin der Desdemona, Federica Lombardi, hält das
vokale Niveau der beiden männlichen Hauptdarsteller nicht ganz. Ihr Timbre
ist etwas hart, was sich vor allem auf die piano zu singenden Passagen in
höheren Lagen nachteilig auswirkt. Dafür gestaltet auch sie ihre Rolle sehr
intensiv und glaubhaft. Dieser Otello ist ein Muss.
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