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Die Presse, 18.10.2012 |
von Wilhelm Sinkovicz |
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Voilà, ein Märchenprinz!
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Humperdincks "Königskinder", nun auf
DVD: bezaubernd. |
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Königskinder“,
das ist die vierte Märchenoper aus der Feder von Engelbert Humperdinck, der
nach „Schneewittchen“ (1888) mit „Hänsel und Gretel“ seinen unbestrittenen
Erfolg landen konnte. Niemand Geringerer als Richard Strauss, damals noch
jenseits bedeutender eigener kompositorischer Opernerfahrungen, stand bei
der Uraufführung dieses nachmaligen Repertoire-Dauerbrenners, 1893, am
Dirigentenpult. Dem weniger erfolgreichen Nachfolgestück, „Die sieben
Geißlein“ folgten 1897 die „Königskinder“ – zunächst nicht als Oper gedacht,
sondern als Melodram, also mit auf Tonhöhen gesprochenem Text, womit
Humperdinck stilistische Mittel vorwegnahm, die von der
Musikgeschichtsschreibung später Arnold Schönbergs Genialität zugeschlagen
wurden. Humperdinck verwandelte dieses artifizielle Märchenspiel 1907 in
eine veritable Oper, die nun wunderbare Gesangspartien enthielt und der
etliche Versuche einer Wiedereingliederung in die Spielpläne beschieden
waren. Zuletzt ging man in Zürich ans Werk, unter Ingo Metzmachers etwas
hemdsärmeliger Leitung, in einer auch nicht wirklich märchenhaften, aber
zumindest in der Personenführung räsonablen Regie Jens-Daniel Herzogs. Diese
Aufführung wurde dokumentiert. Die DVD-Version stellt dank Isabel
Reys Gänsemagd und Jonas Kaufmanns Königssohn vokal eine Ehrenrettung einer
Partitur dar, die von der Musikgeschichtsschreibung ein wenig unterschätzt
worden zu sein scheint.
Postwagnerisch. Humperdincks Musik
ist nämlich durchaus so etwas wie das Missing Link zwischen Wagner und den
Nachfolge-Meistern, vor allem zu Hans Pfitzner. Er geht einen anderen Weg
als Richard Strauss, dessen raffinierte Klangsinnlichkeit hier ein
Gegengewicht bekommt: Er bindet Volkslied-Klänge souverän in seine
elaborierte, post-wagnerische Tonsprache ein, die bruchlos von schlichtem
Strophengesang zu spätromantischer Expressivität findet. Aus dem Blickwinkel
der Postmoderne betrachtet, darf dieser Kompositionsweise vielleicht doch
mehr Achtung gezollt werden, als ihr im 20. Jahrhundert gegönnt war.
Jedenfalls ergänzt die Neuerscheinung das DVD-Repertoire um ein bezauberndes
Funkstück. Davon, dass eine Märchenoper auch optisch entsprechend
umgesetzt wird, geht heutzutage ja niemand mehr aus, obgleich Jonas Kaufmann
auch im modischen Ambiente wie ein echter Märchenprinz aussieht! |
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