Die Welt, 16.08.2011
Manuel Brug
 
Fidelio: Eine Enttäuschung auf höchstem Niveau
Festspiele machten es möglich. Als Jonas Kaufmann 2008 erkrankte und alle Planungen für die Einspielung von Claudio Abbados in ganz Europa Furore machender "Fidelio"-Einstudierung mit dem Mahler Chamber Orchestra über den Haufen geworfen waren, sprang zwei Jahre später das Lucerne Festival ein, um die Aufnahme mit dem wohl meistgefragten Tenor der Gegenwart doch noch zu ermöglichen. Aber das Ergebnis enttäuscht - allerdings auf höchstem Niveau. Zwar sind Orchester und Dirigent bestens aufgelegt, Abbado und seine Instrumentalisten trauen sich unerhörten Nuancenreichtum, fadendünnen Pianissimi und knallige Forte, auch die übrigen Sänger machen ihre Sache tadellos. Aber Kaufmann verliert bei der Pflege seiner stetig auffälligeren Manierismen ein schlüssiges Porträt aus dem Blick. Um wie vieles mehr erzählt da ein kürzlich veröffentlichtes Dokument, das von Freiheit und Utopie, vom Glauben an Humanität und Selbstüberwindung erzählt: Toll klangrestauriert, aber unvollständig ist jetzt aus dem Jahr 1948 die Festaufführung zur Eröffnung des Dresdners Schauspielhauses als Opernersatzspielstätte im Rahmen der Edition Semperoper herausgekommen. Christel Goltz, Bernd Aldenhoff, Gottlob Frick und Elfriede Trötschel bewegen heute vielleicht noch viel mehr als damals. Hier sang man sich in eine hoffentlich bessere Zukunft, auch wenn sich dieser Wunsch weder für den feurigen Joseph Keilberth am Pult noch für manchen anderen DDR-Bürger erfüllte.
 
 






 
 
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