Musik und Theater, Nov/Dez 2014
Reinmar Wagner
 
Berliner Schlager
Grosse Tenöre haben den Ausflug in die Operette meistens gerne unternommen und sich der Herausforderung gesteilt, das gekonnte Schmachten ohne allzu süss zu wirken auszukosten. Genau das gelingt Jonas Kaufmann hier auf den Spuren von Richard Tauber oder Joseph Schmidt hervorragend. Zwei Eigenschaften helfen ihm enorm dabei, abgesehen natürlich von seinem viril strahlenden Tenor mit dem unverwechselbaren Timbre: Zum einen die herausragende Beherrschung des Deutschen und der überlegte Einsatz von Deklamation und Sprache als Stilmittel. Das reicht stellenweise an die besten Liedersänger heran, anderswo wiederum denkt man die goldenen Zeiten des deutschen Schlagers. Und zum zweiten gibt sich Kaufmann sehr variabel in den Klangfarben und sängerischen Stilmitteln. Die Heldentenor-Geste wird eher selten, dann aber mit Applomb und Lust eingesetzt, ebenso oft steigt sein Tenor ganz fein und zart in die Höhen, und dazwischen nutzt er alle dynamischen und farblichen Nuancen. Das Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester unter Jochen Rieder begleitet mit souveränem Stilbewusstsein und umwerfendem Charme. Interessant ist auch das Repertoire: Der Fokus liegt ganz auf der Berliner Operette zwischen 1925 und 1935. Hits wie «Dein ist mein ganzes Herz» fehlen nicht, aber neben Lehár oder Benatzky findet man auch die Schlager des aufkommenden Tonfilms, die Rhythmen aus Revue oder Tanzdiele und gar eine Verneigung vor Korngolds Oper «Die tote Stadt».









 
 
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