Der Neue Merker
Dorothea Zweipfennig
 
AIDA – Antonio Pappano
Bisher war ich von allen Antonio-Pappano-Aufnahmen begeistert (gerade auch mit der Accademia di Santa Cecilia), da stimmte immer alles vom Sensiblen bis zum Pompösen unter steter Aufrechterhaltung des Gesamtspannungsbogens. Warum hätte es bei der Aida anders sein sollen. Rezensiert wurde die Einspielung überwiegend positiv, niemand jedoch stieß sich an den merkwürdigen Tonspielereien. Für mich ist diese Aufnahme tontechnisch „versaut“ worden: Die Sänger stark im Vordergrund, jedoch der eine mehr, der andere weniger (Harteros singt alles nieder). Der Unterschied zwischen pp und f ist dermaßen krass – wenn man den Ton auf die pp-Stellen einpegelt, haut es einen beim nächsten Forte vom Hocker (nicht jeder hat ein schallgedämpftes Eigenheim). Warum die von einem Polizei-Musikcorps astrein gespielten Fanfaren im Triumphmarsch dermaßen in den Hintergrund verbannt wurden, auch noch bei der Steigerung im zweiten Teil, ist absolut unverständlich. Insgesamt wurde mir innerhalb dieser tontechnischen Zustände letztlich nicht ganz klar, was Pappano hier wirklich dirigiert hat…

Da saß ich nun da und ärgerte mich, und das trotz der überwiegend vortrefflichen Sängerleistungen. Anja Harteros als Aida: Gelingt es ihr auf der Bühne meist, als Gesamtkunstwerk zu überzeugen (z. B. Forza-Leonora), so bleibt einem hier „nur“ die Stimme, und diese wird von vielen nach wie vor als recht kühl im Timbre empfunden. Mag ihr Sopran durch die zunehmende Dramatik unten herum dunkler und runder geworden sein, die Höhen klingen einfach „kalt“ (ich wurde des Öfteren an Birgit Nilssons Höhenkälte im italienischen Fach erinnert). Aber wer sonst, wenn nicht sie? Bei der Metkinoübertragung des Trovatore wurde es klar – so wie Anna Netrebko Verdi-Heroinen singt, so muss das klingen. – Ekaterina Semenchuk verfügt über den notwendigen Prachtmezzo für die Amneris, und – sie klingt tatsächlich manches Mal wie die junge Cossotto, wie Kollege Waltenberger in seiner Rezension feststellte.

Diese beiden Damen rivalisieren nun um Radames alias Jonas Kaufmann. Da könnte man die Plattengeschichte bis zur Urzeit derselben zurück verfolgen, einen „besseren“ Radames wird man nicht finden. Gleichwertig oder anders ja, aber besser wirklich nicht. Da stimmt alles: Stimmqualität, super-viriles Timbre, Höhenglanz par exzellence und ein Legatissimo zum Dahinschmelzen. An interpretatorischen Feinheiten fehlt’s bei ihm ja auch nie. Im Schlussduett wetteifert sogar die Harteros mit Kaufmanns Schmeicheltönen. Sie „entschweben“ quasi gemeinsam immer mehr in himmlische Sphären…

Der von mir sehr geschätzte Edelbariton Ludovic Tezier erscheint für den Amonasro beinahe ein bisschen zu edel; allerdings wurde er von der Tontechnik schlecht behandelt. Erwin Schrott versucht, seinen mittelprächtigen Bass auf Ramphis-Format aufzublähen, das Ergebnis ist nicht voll befriedigend. Marco Spotti singt den König solide, Paolo Fanale ist der Bote und Eleonora Buratto (gerade im Flughafen-Elisir als Adina) singt stimmkräftig die Priesterin. Chor und Orchester der Accademia sind tadellos.

Schade, dass Pappano solchen eigenwilligen Aussteuerungen seinen Segen gegeben hat!!






 
 
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