Wer sitzt oder steht zentral bei einem Chor-Orchesterkonzert? Die
Positionen sind nicht unwichtig für Gewichtung und Klangbalance.
Christian Thielemann hat für die Aufführung des Verdi-Requiems am
Dienstag im Großen Festspielhaus den Solisten die Plätze vorn an der
Rampe und zuseiten des Dirigentenpults eingeräumt. Und also strömen
die ukrainisch-georgisch-deutsch-russischen Stimmen von Liudmyla
Monastyrska, Anita Rachvelishvili, Jonas Kaufmann und Ildar
Abdrazakov durchaus prachtvoll direkt in den Saal.
Über
gesangsstilistische Fragen in dieser "Messe, die nicht wie eine Oper
gesungen werden darf", lässt sich angesichts dieser im Großen und
Ganzen wirkungsvollen Aufführung streiten. Da liegt uns wohl die
geschmeidige Phrasierungskunst, die Delikatesse des zurückgenommenen
Pianos, die Legatokultur von Jonas Kaufmann am nächsten. Die
gefühlvollen Feinheiten des Soprans, der hohe Verschmelzungsgrad mit
dem Alt waren unverkennbar, aber doch ließen sich bei den Damen die
Opernattitüden nicht ganz vermeiden. Und der mächtige, aber etwas
unbehauen klingende Bass ist, nun ja, Geschmacksache.
Auf
wundervoller Höhe des kollektiven Könnens und der transparenten
Stimmführungskultur: der von Peter Dijkstra gewohnt großartig
einstudierte Chor des Bayerischen Rundfunks, mit allen Finessen
einer gleichsam "operatischen" Begleitfunktion ausgestattet: die
Sächsische Staatskapelle, die gesteigerte Klangenergie und Disziplin
wohldosiert vorführte.
Aber was eigentlich wollte uns
Christian Thielemann mit seiner Interpretation erzählen? Er reiht
Chorpassagen und Solostücke, gerne auch viele wie von innen heraus
zum Leuchten gebrachte Orchesterdetails nebst stets etwas preußisch
kontrollierten Ausbrüchen - auch die "Ferntrompeten" im Dies irae
stehen nah an der Bühne - wie Perlen auf eine Schnur. Er misstraut
nicht nur dirigentisch der überbordenden Geste, hält gleichwohl die
Fäden straff in der Hand. Man hätte sich nur gewünscht, sie würden
freier und elastischer ausschwingen.