In seiner Heimatstadt München ist Weltstar Jonas Kaufmann der von
allen gefeierte Liebling. Tenorarien aus französischen Opern des 19.
Jahrhunderts standen – interpunktiert von Orchester-Zwischenspielen
- auf dem Programm seines zu recht lautstark bejubelten Arienabends
in der Bayrischen Staatsoper.
Die französischen
Tenorprachtstücke sind derzeit Kaufmanns Favoriten inmitten der
Vielfalt seines Repertoires: Ihnen widmete er seine differenzierte
Gestaltungsgabe mit dem Einsatz seiner Pianokultur neben der
auftrumpfenden tenoralen Leuchtkraft. Nach einer kleinen Aufwärmzeit
entfaltete sich seine so einzigartig timbrierte Stimme zum
brillanten Klingen.
„Ô Paradis“ war der Titel des Abends und mit
dem Opernhit „Herrliches Land! O Paradies, den Fluten entstiegen...“
aus Giacomo Meyerbeers „L'Africaine“, an dem kaum ein großer Tenor
vorbeikommt, sang er sich in die Herzen seiner Fans. Kaufmann
punktete dabei mit feinem Pianoansatz, mit langen Atemphrasen,
ebenso mit aufblühendem Forte und glänzendem Spitzenton. Die
Wiederholung bei der Zugabe machte er zum exquisiten Kabinettstück.
Auch die Arie des Faust aus Berlioz' „La damnation de Faust“ liegt
ihm besonders am Herzen, wie der Tenor selbst sagte, und
entsprechend gab er der Atmosphäre schwärmerischer Liebe Transparenz
und Innigkeit im Ausdruck.
Die Zuhörer verfolgten gebannt
jeden Ton, jede Nuance des Sängers, der seinen vokalen Einsatz
zunehmend steigerte, sei es bei der „Blumenarie“ aus Bizets „Carmen,
bei Gounods Romèo mit „Ah! Lève-toi-soleil“ oder Massenets Gebet des
Rodrigue aus „Le Cid“.
Zum Höhepunkt des ersten Teils wurde
das intensiv gestaltete Duett Carlo-Posa aus Verdis „Don Carlo“
zusammen mit dem markanten französischen Bariton Ludovic Tézier. Zum
finalen Duett Manon- Des Grieux „Toi! Vous!“ aus Jules Massenets
„Manon“ oblag es dem Dirigenten, den säumenden Tenor und die aus
Albanien stammende, in Rom ausgebildete Sopranistin Ermonela Jaho
herbeizuwinken: Charmant entschuldigte sich Kaufmann für die kleine
Verzögerung. Der intensive emotionale Einsatz und der leuchtende
Sopran Jahos im Verein mit Kaufmanns tenoralem Breitband machte dann
die Gesangsszene zu einem weiteren Höhepunkt im Opernreigen. Im
emotionalen Ausdruck jedoch blieb Kaufmann hinter der sich intensiv
einbringenden Sopranistin etwas zurück, seine Abhängigkeit vom
Notenpult brachte Einbußen.
Die anfängliche Skepsis gegenüber
der orchestralen Übermacht bei einem Arienabend – immer hin
erklangen neun Intermezzi – war rasch begeisterter Bewunderung
gewichen für das brillant spielende Bayerische Staatsorchester unter
der sensiblen Leitung von Bertrand de Billy.
Schon beim ersten
Einsatz des Klarinettensolos, gefolgt von Flöte und Harfe in der
Ouvertüre zu Ambroise Thomas' „Mignon“ war der romantische Zauber
da. Das Horn intonierte das Thema „Kennst Du das Land, wo die
Zitronen blühen“ und tänzerisch beschwingt folgten weitere Basis-
und Arienthemen der Oper. Dirigent und Orchester formten jedes Vor-
und Zwischenspiel zum stimmungsvollen Glanzstück: etwa die sanft
wiegende Wellenbewegung von Jacques Offenbachs Barcarolle, die
elegant fließende Flöten-und Harfenzartheit zum dritten Akt von
Bizets „Carmen“, sowie die graziöse Ballettmusik aus Gounods
„Faust“, die ätherische Finesse von Massenets „Méditation“ aus
„Thais“ mit der glänzenden Solovioline oder den flotte ungarischen
Marsch aus „La Damnation de Faust“ von Hector Berlioz. Jede Nummer
war ein Musterbeispiel eleganten orchestralen Klangraffinements.
Das gilt auch für die „Begleitung“: Der Dirigent trug Jonas
Kaufmann bei dessen teils hauchzarten Pianissimi auf Händen, das
Orchester zur filigranen Untermalung zurücknehmend. Zum Ausklang
setzen die drei Solisten ihre begeisterte Zuhörerschaft mit dem
Weihnachtslied „Minuit Chrétiens“ von Adolphe Adam in adventliche
Stimmung.