Ein Mann wird von zwei Frauen geliebt, eine Frau von drei Männern.
Das Ende ist in beiden Kurzopern gleich. Der gehörnte Ehemann
ersticht den Liebhaber in Mascagnis „Cavalleria rusticana"und die
Ehefrau noch davor in Leoncavallos „Pagliacci".
Beide
Liebesgeschichten bestechen durch Leidenschaftlichkeit, optisch und
musikalisch mit suggestiver Emotionalität bestens in Szene gesetzt.
Regisseur Philipp Stölzl teilt die Bühne in sechs Spielfelder,
gewinnt so unten eine italienische Kleinstadtszenerie in
Cinemaskop-Format mit Don Camillo-Charme, darüber den Blick auf die
graue Dachlandschaft beginnender Industrialisierung
Dachstubenromantik und hinreißende Großaufnahmen im Stil Fellinis.
Die Perspektiven verschieben sich von außen nach innen, unten nach
oben. Raffiniert wirkt das Bühnengeschehen spannend wie Film,
perfekt integriert der Chor, doch die Expression der Gefühle bringen
die filmischen Großaufnahmen in ruhigen Einstellungen auf den Punkt.
In den Blicken der Liebenden spiegelt sich die Intensität der
Gefühle, die unter dem leidenschaftlichen Dirigat Thielemanns
ständig zwischen Pianissimo und Fortissimo als mitreißende
Spannungsfelder hörbar werden, in denen die Stimmen voller Poesie
und Temperament in der SchwarzWeiß-Optik der Inszenierung
erstrahlen.
Umgekehrt verwandelt sich „Pagliacci" durch
nuancierte Farbgebung und Lichtatmosphäre von schriller
Jahrmarktszenerie über surreale, bunt ausgeleuchtete Stummfilmoptik
in eine derbe Commedia-dell-Arte, deren Spiel der realen Eifersucht
ein Ende setzt. Wie das Jonas Kaufmann in der Doppelrolle als
Liebhaber und gehörnter Ehemann in Szene setzt, ist durch sein
italienisches Charisma faszinierend, sängerisch in emotionalen
Wohlklang mitreißend. Zusammen mit Annalisa Stroppa als Lola
präsentiert Salzburg ein neues Traumpaar, auch wenn ihr sängerischer
Part sehr klein bleibt. Stimmlicher Glanzpunkt ist Lidumyla
Monastryrska als eifersüchtige Santuzza Ihr durchglühter Mezzosopran
mit lodernden Höhen, abgründigen Tiefen elektrifiziert, wogt magisch
im Fortissimo des Orchesters, womit Thielemann der Naturgewalt Liebe
Raum zu explosiven Eruptionen gibt. In bester stimmlicher
Disposition und schauspielerischer Stummfilmpantomimik setzt Maria
Agresta als Nedda groteske Akzente. Ihre Nedda ist vorwiegend ein
Püppchen. Nur mit Alessio Arduini (Silvio) fallen die Hüllen als
Symbole der Rollen in einem ergreifenden Liebesduett. In weiteren
Rollen begeistern Ambrogio Maestri(Alfio), Tansel Akzeybek (Beppe),
Dimitri Platanias (Tonio).