Opernwelt, November 2010
Albrecht Thiemann
Ciléa: Adriana Lecouvreur, Berlin, Deutsche Oper, 5. Oktober 2010
Herzschmerz
 
 
Am Ende durfte er sie doch noch in die Arme schließen. Drei Akte lang hatte Angela Gheorghiu auf der Konzertbühne der Deutschen Oper als Cileas Adriana Lecouvreur die unnahbare Diva gegeben. In stahlgrau schimmernder Robe, mit manierierter Gestik und extrovertierter Stimme. Die dunklen Töne der Verzweiflung, das Höhenfeuer der Eifersucht, das zum Ausdrucksmittel stilisierte Luftholen, die gestelzte Deklamation - Gheorghius Kunstwesen genügte sich eigentlich selbst. Doch weil ihr Maurizio Jonas Kaufmann hieß und in der hier besprochenen Aufführung obendrein gegen eine Erkältung ansingen musste, legte sie ihren Ego-Panzer in den letzten vier Nummern für den klangschön und nuanciert, doch mit einigem Druck singenden Startenor endlich ab. Da war es um sie freilich schon geschehen - vergiftet Von der Nebenbuhlerin. Fast hatte ihr Anna Smirnova als stimmmächtige Fürstin von Bouillon schon vorher die Schau gestohlen: Die Russin ging die Partie mit so viel gefühlsechtem dramatischen Furor an, dass ihr der Szenenapplaus schon nach der Arie zu Beginn des zweiten Akts («Acerba volutta») entgegenbrandete. Ein vom Publikum nicht minder honoriertes Meisterstück an differenzierender Vokalgestaltung lieferte Markus Brück als heillos verliebter Michonnet ab. Auch die kleineren Rollen waren glänzend besetzt - Stephen Bronk etwa in der Partie des alten Fürsten von Bouillon oder Burkhard Ulrich als linkischer Abbé. Und das Orchester der Deutschen Oper zeigte unter der stilistisch überzeugenden, weder ins Süßlich-Sentimentalische noch ins falsch Veristische abdriftenden Leitung Marco Armiliatos, wie leicht und selbstverständlich Cileas 1902 uraufgeführte Herzschmerz-Oper in Berlin klingen kann.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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