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rbb24, 30.12.23 |
Von Maria Ossowski |
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Wagnerkonzert, Berlin Philharmonie, 29.12, 30.12. und 31.12.2023
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Wagners Wucht duftet erotisch
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Kirill Petrenko und seine Berliner Philharmoniker setzen zu ihren
drei traditionellen Silvesterkonzerten Richard Wagner aufs Programm. Schräg?
Nein, meint Maria Ossowski.
Passt das überhaupt? Ein
musikalischer Aperitif vor der Silvesterparty mit der Wiener Fassung von
Richard Wagners Tannhäuser? Ist das nicht eine Wonne nur für Wagnerianer?
Andererseits, warum nicht? Pilgeraskese trifft Wollust auf dem
Venusberg, der Trieb kämpft gegen den Geist, die Sinnlichkeit gegen die
Spiritualität, dieses Thema zieht sich bekanntermaßen durch die ganze
Menschheitsgeschichte und fügt sich mit den Berliner Philharmonikern und
ihrem sinnlich durchgeistigten Chefdirigenten Kirill Petrenko ein in die
Stimmung dieses Jahresendes.
Vida Mikneviciute überragt Elegant,
getragen und spannungsvoll, mit sich weit öffnenden Gesten und über die
Streicher schweifenden Bewegungen lässt Petrenko das Stimmgewebe der
Tannhäuser-Ouvertüre glänzend erklingen. Dreißig Minuten vor ausverkauftem
Hause, dann Pause und danach stürzen wir uns rein in den Beziehungszauber
der Lovestory von Siegmund und Sieglinde.
Erster Aufzug Walküre.
Wucht und Wollust mit langem, herrlichen Wälseruf des etwas zu routinierten
und manchmal gepresst klingenden Jonas Kaufmann, an seiner Seite bezaubert
jedoch die mädchenhaft zarte Vida Mikneviciute. Die Litauerin ist ein
Wunder, sie spricht perfekt Deutsch, bei Wagner wirklich wichtig, sie ist
engelsgleich anzuschauen, aber gesegnet mit einem so sicheren, vom
pianissimo ins fortissimo mühelos gleitenden Sopran. In dieser Rolle
bejubelte das Publikum sie schon in der Staatsoper vor zwei Jahren, mit den
Berliner Philharmonikern: ein Fest, wenn sie ihrem Bruder den Namen Siegmund
gibt.
Silvesterparty mit orgiastischem Finale Winterstürme wichen
dem Wonnemond, das Liebespaar kommt in der konzertanten Aufführung einander
nur musikalisch nahe, was aber völlig ausreicht. James Joyce bemerkte mal zu
dieser Szene: "Wagner stinkt nach Sex".
Bei den Philharmonikern
stinkt gar nichts, da duftet es bitteschön nur in allen Klangfarben des
erotischen Paradieses. Petrenko hatte in Meiningen, München und Bayreuth als
Operndirigent Erfolge gefeiert, es ist eine Wonne, ihm zuzuschauen, mit
welch sensibler, harmonischer Gewandtheit er das Sängerensemble mit dem
Orchester führt.
Abgründig und grandios als Gegenspieler des
liebenden Zwillingspaares: Georg Zeppenfeld, der lieblos böse Hunding.
Sieglinde schickt ihn schlafen, um mit Siegmund ins Bett zu steigen, und
spätestens dann kann die Silvesterparty beginnen, denn dieses orgiastische
Finale hebt auch den letzten Wagner-Skeptiker aus dem Sitz.
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