Kronen Zeitung, 02.04.2023
Dr. Karl-Heinz Roschitz
 
Wagner: Tannhäuser, Salzburger Osterfestspiele , ab 1. April 2023
Wagners „Tannhäuser“ in Frau Venus’ Fleischerladen
 
Die Salzburger Osterfestspiele eröffneten mit Richard Wagners „Tannhäuser“-Produktion der Münchner Staatsoper: Andris Nelsons am Pult, Romeo Castellucci inszenierte und Startenor Jonas Kaufmann sang in der Titelpartie.
 
Als Romeo Castellucci 2017 an der Münchner Staatsoper Wagners „Tannhäuser“ herausbrachte, ätzten Kritiker, dass sein Venusberg nur „eine Ansammlung von amorphem Fleisch, ja widerwärtigen Brocken und Klumpen mit angedeuteten Köpfen“ sei. Das hat sich auch in seiner Überarbeitung für die diesjährigen Osterfestspiele Salzburg im Großen Festspielhaus nicht wesentlich geändert. Der Fleischerladen blieb, was er war. Amazonen zeigen ihre Busen. Leiber wälzen sich. Und ob davon einer Dame schlecht wurde?

Das Ganze spielt, symbolistisch mit Tier- und Menschenkadavern zwischen Steingräbern und Blut ein bisserl aufgetakelt, in einer sterilen Kunstwelt. Ein Stehtheater - und Designerritual, das Wagners immer präsenten Gegensatz zwischen irdischer Erotik und wahrer, ja mystischer Liebe und seinen Erlösungsideen missachtet! Aber vielleicht spricht Castellucci deshalb auch davon, dass es Milliarden Jahre dauern wird, bis Elisabeth und Tannhäuser endlich zusammenfinden können. So steht es auf der Friedhofsmauer. Und auf den Grabsteinen sind die Namen „Jonas“ und „Marlis“ graviert.

Dass in der vom Publikum mit Ovationen, aber auch mit vielen Buhs für fade Tempi aufgenommenen Aufführung ein Bruch zwischen Andris Nelsons musikalischer Konzeption und Romeo Castelluccis Inszenierung spürbar wird, ist kaum auszugleichen: Kunstvoll baut er mit dem Gewandhausorchester Leipzig Brücken zu Wagners Ideen, Castellucci bricht sie immer wieder ab.

„Tannhäuser“ Jonas Kaufmann hält sich tapfer. Kraftvoll in seiner Empörung über die Unwissenheit der Konkurrenten beim Wettstreit um die Hand Elisabeths. Voll Leidenschaft gelingt ihm seine Rom-Erzählung. Emma Bell, die für Elina Garanca einsprang, ist eine begehrende Venus mit leuchtendem Timbre. Marlis Petersen lässt als Elisabeth in der „Hallenarie“ ihr kraftvoll strahlen Sopranmaterial, Christian Gerhahers _ „O du, mein holder Abendstern“ zeigt, was sich Wagner unter einem „mystischen Bariton“ vorstellt, Georg Zeppenfeld (Landgraf) und Michael Kohlhepp (Walther) gefallen. Hervorragend die Chöre. Hervorragend der Tschechische Philharmonische Chor Brünn.







 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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