derFreitag
Andre Sokolowski
 
Wagner: Tristan und Isolde, Bayerische Staatsoper ab 29.6.2021
Kaufmann & Harteros: TRISTAN UND ISOLDE
 
Jonas Kaufmann und Anja Harteros gaben ihr singuläres Rollendebüt als Tristan und Isolde an der Bayerischen Staatsoper!!

Das Nationaltheater München ist dann auch - ganz nebenbei bemerkt - das Haus, wo Wagners Oper anno 1865 aus der Taufe gehoben wurde; allein DER Anlass wäre/ ist es immer wieder wert, dorthin zu fahren, um vor Ort zu prüfen, was sich seither um den Tristan alles so ereignete:

"Das Werk sollte ursprünglich in Rio de Janeiro, dann in Karlsruhe, dann in Paris und schließlich 1863 an der k. u. k. Hofoper in Wien, in Dresden beziehungsweise Weimar zur Uraufführung gelangen. Alle diese Versuche scheiterten. Erst die großzügige und bedingungslose Unterstützung von König Ludwig II. von Bayern ermöglichte die Umsetzung des anspruchsvollen Werkes." (Quelle. Wikipedia)

Inszeniert hat jetzt der Pole Krzysztof Warlikowski. Er verordnet den zwei unwirklich und wirklich Liebenden unwirkliche und wirkliche Distanz. Die stimmungsvollen Videos, die der Filmer Kamil Polak auf die Kinobreitwand projiziert, welche als raumteilende Wand des holzgetäfelten großbürgerlichen Einheitsbühnenbilds von Małgorzata Szczęśniak gelegentlich hinabfährt, sind bei weitem aufschlussreicher als das rätselhafte Puppeneinerlei des Regisseurs. Die Filmsequenzen deuten auf schier unendliche Gänge eines Passagierschiffs oder (2. Akt) Hotels, die zwischen hunderten verschlossenen Kabinen oder Zimmern führen - und Harteros schleppt sich (2. Akt) die Treppen zur Hoteletage 3, 4, 5 oder noch höher, tritt dann schließlich in ein Zimmer ein, wo sie von einer Videokamera von oben aus beobachtet zu werden scheint; sie wartet lange bis wer kommt - - und Kaufmann tritt dann plötzlich, beinahe fast unvermittelt, ein, legt sich zu ihr aufs Bett; das Paar weiß überhaupt nichts mit sich anzufangen und wird schließlich überschwemmt... spielt also doch dann alles (auch der 2. Akt) auf der Titanic oder?

Dirigiert hat der vollends in sich und in das unfassbare Werk gekehrte Kirill Petrenko!

Spätestens ab dem "O sink hernieder" ist es nicht bloß Kaufmanns & Harteros' große Bühne, sondern - und vor allem - die des hochgrandios spielenden Bayerischen Staatsorchesters... Und es fließt und fließt und fließt, und man bekommt so eine merkwürdige Materialität des Badens mitgeteilt, bei dem einem der Klang umspült und gleichsam trägt - nein, schwereloser geht es nicht.

Auch König Marke, Kurwenal, Brangäne: ideal besetzt.

Ein absolutes Muss für Tristan-Trunksüchtige.





 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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