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Nordbayern, 30.6.2021 |
von Thomas Heinold |
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Wagner: Tristan und Isolde, Bayerische Staatsoper ab 29.6.2021
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Opernereignis mit Starbesetzung |
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Sieben gute Gründe, warum es sich lohnt, zu "Tristan und Isolde" nach München zu fahren
München - Wagners "Tristan und Isolde" in München - muss man da hin? Wenn
man exzellent dirigierte Musik und einen Weltstar wie Jonas Kaufmann erleben
will, dann auf jeden Fall. Und es gibt noch ein paar weitere gute Gründe,
sich dieses Opernereignis nicht entgehen zu lassen.
1. In München
steht einer der besten Wagner-Dirigenten am Pult Kirill Petrenkos Ruf als
Wagner-Dirigent ist spätestens seit seinem „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth
legendär. Anders als Wagner-Größe Christian Thielemann setzt der jetzige
Chefdirigent der Berliner Philharmoniker nicht auf romantische
Gefühlsverstärkung, sondern seziert die Parituren und legt die
ursprünglichen Nervenbahnen der Instrumentierung frei. In „Tristan und
Isolde“ in München klingt vieles kammermusikalisch schlank und entfaltet
doch eine große dramaturgische Wucht. Diese Art, Wagner zum Klingen zu
bringen, ist Weltklasse und lässt die Erkenntnis reifen: der Liebes- bzw.
Todestrank dieser Oper ist die Musik selbst. Petrenko betört uns, Petrenko
verführt uns – und das alles bei ganz klarem Kopf.
2. Man kann
Weltstar Jonas Kaufmann in Bühnenaktion erleben Startenor Jonas Kaufmann
ist in der Münchner Aufführung von "Tristan und Isolde" nicht nur stimmlich
mächtig gefordert. Er muss sich auch als Darsteller beweisen. Jonas
Kaufmann ist der weltweit gefragteste deutsche Tenor, war vor der
Corona-Pause mehrmals Gast bei Konzertabenden in der Meistersingerhalle und
wurde dort bejubelt. Als Münchner Tristan aber kann man Kaufmann über vier
lange Stunden auch spielerisch agieren sehen.
Regisseur Warlikowski
entwirft den 51-Jährigen in seinem Rollendebüt als ausgebrannten Krieger,
als Heimatlosen und hoffnungslos Liebenden. Kaufmann bringt diese
Zerrissenheit überzeugend auf die Bühne, gesanglich wirkt er nach der
Corona-Pause frisch wie lange nicht.
Ja, diese dunkel timbrierte
Tenorstimme hat hat großes heldisches Format, auch wenn der Held, den
Kaufmann singt, längst gebrochen ist.
3. Münchens prächtige
Bühnenbilder Opulentes Bühnenbild: Eine mächtige holzvertäfelte Villa
symbolisiert in "Tristan und Isolde" im Münchner Nationaltheater die
erdrückende Enge der Gesellschaft.
So aufwändige Bühnenbilder wie an
der Bayerischen Staatsoper sieht man an anderen Häusern kaum. Bei „Tristan
und Isolde“ wird eine düstere holzvertäfelte Villa mit monströsen
Ledersesseln zum Symbol einer erstarrten Gesellschaft, die den Liebenden die
Luft abdrückt und ihnen jegliche Entfaltungsmöglichkeit nimmt.
Erst
im Finale brechen sich die Gefühle Bahn, löst die Inszenierung ihre
Überzeugungskraft ein. So wird das Bühnenbild (Malgorzata Szczesniak) zu
einem wichtigen Teil der Interpretation.
4. Eine besondere Isolde
Anja Harteros zeigt in ihrem Rollendebüt Isolde als willensstarke Frau, die
trotzdem in den Liebenstod geht. © Foto: Wilfried Hösl, Bayerische
Staatsoper Anja Harteros hat sich als Wagner-Sängerin schon einen tollen
Ruf erarbeitet: Sie sang die Elsa im aktuellen Bayreuther „Lohengrin“ und
die Elisabeth im letzten Münchner „Tannhäuser“. Die Partie der Isolde bewegt
sich auf einer noch mehr fordernden Ebene.
Harteros meistert bei
ihrem Rollendebüt die tiefe Demütigung Isoldes, die sie im orchestralen
Aufbäumen stimmlich mit wütenden Höhenblitzen und großem Volumen meistert.
Die Regie zeigt Isolde als willensstarke Frau, musikalisch überzeugt ihr
Liebestod mit großer Tragik, wird zu großer Oper.
5. Der authentische
Ort Im Münchner Nationaltheater wurde Richard Wagners "Tristan und
Isolde" 1865 uraufgeführt. Die Geschehnisse rund um die Premiere und spätere
Aufführungen in diesem Haus begründen auch den sogenannten "Tristan-Fluch",
einige Todesfälle inbegriffen. © Foto: Wilfried Hösl, Bayerische Staatsoper
Richard Wagners „Tristan und Isolde“ wurde am 10. Juni 1865 im Münchner
Nationaltheater uraufgeführt. Man sitzt heute also im gleichen Gebäude wie
damals, kann sich gedanklich und emotional auf eine Zeitreise begeben.
6. Der spezielle Münchner „Tristan-Fluch“ Der Tristan-Sänger der
Uraufführung in München, Ludwig Schnorr von Carolsfeld, sang die Partie nur
vier Mal, starb sechs Wochen nach der Uraufführung. Seine Ehefrau Malvina
Schnorr von Carolsfeld, die die Partie der Isolde gesungen hatte, wurde
daraufhin schwer depressiv und konnte nie wieder auftreten.
In
München sind auch zwei Dirigenten während einer „Tristan und
Isolde“-Aufführung gestorben: 1911 Felix Mottl, 1968 Joseph Keilberth, beide
im 2. Akt, in dem die Musik am ekstatischsten ist. Beide Todeszeitpunkte
sind bis heute im Notenmaterial der Bayerischen Staatsoper vermerkt.
7. In Nürnberg wird man lange auf „Tristan und Isolde“ verzichten müssen
In Nürnberg wird "Tristan und Isolde" aller Voraussicht nach sehr lange
nicht zu sehen sein. Schon für Häuser im Normalbetrieb ist dieses Werk
zwischen vier und fünf Stunden Spielzeit ein Kraftakt. Eine Aufführung in
einer Interimsspielstätte, wie sie die Opernsparte mit der vermutlich in
vier Jahren beginnenden Generalsanierung des Opernhaus beziehen muss, ist
kaum denkbar.
Und auch vorher wird dieses Werk in Nürnberg vermutlich
nicht mehr auf den Spielplan kommen. Die Produktion mit Monique Wagemakers
(Regie) und Ex-GMD Marcus Bosch erlebte ihre letzte Aufführung im Jahr 2015.
Das große Aber Wegen dieser sieben guten Gründe sind in München die
Termine für „Tristan und Isolde“ rar, Karten schwer zu kriegen, zumindest in
diesem Sommer mit seinen Corona-Restriktionen. Doch im Jahr 2022 kommt diese
besondere Produktion zurück.
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