Online Merker, 14.05.2021
Susanne Kittel-May
 
Wagner: Die Walküre, 1. Akt, Bayerische Staatsoper, 13. Mai 2021
MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: DIE WALKÜRE 1. Aufzug konzertant. Frühlingserwachen
Welch ein Augenblick! Als die Musiker des Bayerischen Staatsorchesters ihre Plätze einnehmen, bricht sich die unbändige Freude und Erleichterung des Publikums in minutenlangen stehenden Ovationen und Bravo-Rufen Bahn. Ein höchst emotionaler Moment, wie auch Bachlers kurze Ansprache, in der er von einem „fast historischen“ Moment spricht. Eine wunderbare Programmwahl, die Bayerische Staatsoper nach mehr als einem halben Jahr pandemiebedingter Schließung mit dem kurzfristig angesetzten 1.Aufzug der Walküre, wenn auch nur konzertant, vor Publikum wiederzueröffnen. Hatte doch diese Oper in diesem Haus ihre Uraufführung und ist deshalb mit ihm besonders verbunden.

Für dieses besondere Ereignis wurde eine besondere Sängerbesetzung aufgeboten: Jonas Kaufmann, dem der Siegmund als Rolle schon immer gut lag, Lise Davidsen, eine der spannendsten Sängerinnen ihres Fachs, und Georg Zeppenfeld, eine der ganz großem Basstimmen unserer Zeit.

Asher Fish am Pult dirigiert eine sehr lyrische, fast kammermusikalische Walküre, kostet die leisen, innigen Stellen besonders aus. Er lässt dabei sehr breite Tempi spielen, hebt die solistischen Stellen in Wagners Orchestersprache hervor. Besonders schön: das Solochello zur erwachenden Liebe von Siegmund und Sieglinde.

Jonas Kaufmanns Stimme klingt zurzeit so ausgeruht wie selten zuvor. Ihm kommt die lyrische Lesart sehr entgegen: er ist ein nachdenklicher, verletzlicher Siegmund. Die Wälserufe singt er als verzweifelte Hilferuf an den Vater, die Winterstürme gestaltet er liedhaft um dann später triumphierend das Wälsungenblut zu beschwören.

Lise Davidsen beweist, dass sie nicht nur eine Riesenstimme hat, sondern sie auch leise und differenziert einsetzen kann. Sie ist eine sehr innige Sieglinde, mit warmer Tiefe und wunderbar aufblühenden Höhen.

Georg Zeppenfeld gibt dem Hunding nicht nur Brutalität, sondern auch die Autorität eines Menschen, der sich im Recht fühlt. Sein Prachtbass ist fast verschwendet in dieser doch sehr kurzen Rolle.

Nach dem letzten triumphierenden Akkord gibt es wieder stehende Ovationen, bevor der Abend noch einmal nachdenklich wird mit drei Zugaben: Kaufmann singt, als Vorgriff auf den Tristan im Juni, die „Träume“ aus den Wesendonck-Liedern, Davidsen begeistert mit einem volksliedhaften Lied von Edvard Grieg und Zeppenfeld singt den Schlussmonolog des Sir Morosus aus der Schweigsamen Frau, allerdings mit einer kleinen Änderung am Text: „Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst in diesen Zeiten„. Wie wahr!

Dieser Abend war mehr als ein musikalisches Erlebnis. Mehr als die Summe der beschreibbaren Sänger- und Orchesterleistungen. Es ist für mich der Anfang vom Ende der Pandemie. Das Frühlingserwachen nach langer Wintersnacht.



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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