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Hamburger Abendblatt, 17.04.19 |
Elisabeth Richter |
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Bizet: Carmen, Hamburger Staatsoper, 16. April 2019 |
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Jonas Kaufmann glänzt in biederer Inszenierung
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Bei seinem Gastspiel als Don José in der Hamburgischen Staatsoper
zeigte sich der Startenor äußerst facettenreich.
Hamburg.
Akustisch problematische Plätze wie in der Elbphilharmonie gibt es in der
Hamburgischen Staatsoper nicht. Hören kann man überall gut! Insofern musste
Startenor Jonas Kaufmann bei seinem Gastspiel als Don José in einer
Repertoire-Vorstellung von Bizets „Carmen“ alle Karten auf den Tisch legen.
Es sei vorweggenommen: An diesem Abend hatte er ein ziemlich gutes Blatt. Es
war der erste Hamburg-Auftritt nach der Debatte um Jonas Kaufmanns Konzert
in der Elbphilharmonie im Januar.
Hier hatten Zuhörer auf für
Gesangsdarbietungen weniger zu empfehlenden Plätzen hinter dem Orchester
während des Konzertes ihren Unmut geäußert und teilweise den Saal verlassen.
Kaufmann kritisierte anschließend im Abendblatt-Interview die aus seiner
Sicht akustischen Defizite des Großen Saals. Keinerlei Unmut hingegen bei
„Carmen“ in der Hamburgischen Staatsoper.
Jonas Kaufmann machte noch
das Beste daraus Jonas Kaufmann fand sich ohne Probleme in die reichlich
biedere und die Handlung wenig tiefschürfend und ziemlich geradeaus
bebildernde Inszenierung von Jens-Daniel Herzog. Konnte man bei der Premiere
im Januar 2014 noch mit Mühe herauslesen, dass der Regisseur Don José als
armen, benachteiligten Außenseiter verstand, der deshalb wie Büchners
Woyzeck zum Mörder wird – er lässt ihn von seinen Soldaten-Kollegen
zusammenschlagen und spielt diese Szene später bei einem
Orchesterzwischenspiel mit den Jungen des Kinderchores nach –, so hatte
diese Aufführung fast keine schauspielerisch-szenische Spannung. Statisches
Herumstehen hilft jedenfalls nicht weiter.
Jonas Kaufmann machte
noch das Beste daraus. Man glaubte ihm die Liebe, die Verzweiflung,
Hilflosigkeit und Unerfahrenheit des von Carmen erst verführten und dann
doch ziemlich cool entsorgten Don José. Kaufmann stattete seinen traurigen
Helden mit vielen dynamischen und farblichen Schichten aus. Da gab es in der
berühmten Blumenarie spannungsvolle Pianotöne voller Zärtlichkeit, da
strahlte die heldische Höhe am Schluss im letzten beschwörenden Bitten an
Carmen, ihn doch nicht zu verlassen. Und zwar mit Kraft, ohne unangenehme
Schärfe.
Ovationen für Kaufmann und die anderen Sänger Grandios und
bewegend ist dieser Schluss von Bizets „Carmen“ immer wieder. Vor allem
wegen der genialen Musik mit der Gleichzeitigkeit der Ereignisse, einerseits
der auf den Mord hinauslaufenden brutalen Auseinandersetzung von Carmen und
Don José und andererseits dem triumphalen Stierkampf des Widersachers
Escamillo. Dirigent Pier Giorgio Morandi lief hier zu richtig guter Form
auf. Bis dahin hatte er zwar für einen gekonnt gemischten und meist präzisen
Orchesterklang gesorgt, aber durch allzu disziplinierte Tempi auch das eine
oder andere Spannungsloch riskiert.
Sängerisch konnte sich diese
Repertoire-Vorstellung im Ganzen jedenfalls wirklich hören lassen.
Clémentine Margaine begeisterte mit ihrem warmen, kraftvollen Mezzosopran
und ihrer souveränen Stimmbeherrschung als Carmen, auch wenn man sich doch
mehr schauspielerischen Esprit wünschen würde. RuzanMantashyan sang die Don
José wirklich liebende Micaëla mit feinem, lyrischem Sopran. Der Bassist
Alexander Vinogradov als Escamillo, der auch jüngst als Zaccaria in Verdis
„Nabucco“ zu wenig differenziert agierte, enttäuschte allerdings mit einem
Dauerforte ohne Farben. Und vorneweg: der facettenreiche Jonas Kaufmann als
Don José. Mit seinem dunklen, baritonal gefärbten Tenor vermittelte er
dessen innere Not ungeheuer berührend. Ovationen gab es aber auch für die
anderen Sänger.
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