Online Merker, 18.1.2019
Philipp Borghesi
 
Mahler: Das Lied von der Erde, Dornach, 16. Januar 2019
Sinfonieorchester Basel – Deutschland-Schweiz-Tournee mit Jonas Kaufmann
 
Der weltberühmte und momentan meist gefragte Tenor Jonas Kaufmann kommt nach Basel. Daher überrascht es nicht, dass das Extrakonzert des Sinfonieorchesters Basel (SOB) schnell ausverkauft ist und die Zuschauer in Scharen zu der Anhöhe des prächtigen Goetheanums in Dornach pilgern. Die Atmosphäre ist elektrisierend und die Vorfreude auf den Startenor riesig. Das Publikum muss sich jedoch gedulden, da im ersten Teil ein wunderbar musiziertes Rendering für Orchester von Luciano Berio gespielt wird. Dieses Rendering besteht aus Klavierskizzen von Franz Schubert, welche für seine zehnte Sinfonie gedacht waren und gegen Ende seines Lebens angefertigt wurden. Diese Skizzen orchestrierte Berio anschliessend und fügte noch eigens komponierte Passagen hinzu um gewisse Fragmente zu verbinden. Daraus resultierte ein höchst spannendes Endergebnis. Das SOB spielt leidenschaftlich unter der Leitung des deutschen Dirigenten Jochen Rieder. Es wird transparent und differenziert musiziert. Vor allem Berios Kompositionen, welche deutlich von jenen Schuberts zu unterscheiden sind sorgen für einen spannenden Stilbruch. Ein rundum gelungener erster Teil, welcher die Vorfreude auf den zweiten zusätzlich steigert.

Nach der Pause gibt ein Violinist des SOB noch eine kleine ungewollte Slapstick-Einlage. Der Konzertmeister hat schon lange Platz genommen, das Orchester ist gestimmt und alle warten auf den Dirigenten und den Tenor. Nun huscht in letzter Sekunde ein Violinist auf die Bühne, welcher anscheinend den Einzug seiner Kollegen verpasst hat und anderweitig beschäftigt war. Das Publikum hält ihn jedoch für den Tenor und beginnt euphorisch zu applaudieren. Als der Irrtum realisiert wird und der besagte Musiker den Applaus durch Verneigungen dankend und ein wenig selbstironisch entgegen nimmt, bricht der Saal in Gelächter aus.

Als nun endlich Jonas Kaufmann und Jochen Rieder die Bühne betreten, kann der zweite Teil des Abends beginnen. Es wird „Das Lied von der Erde“ von Gustav Mahler gegeben. Eine sehr heikle Partie für den Tenor, da der Anfang knifflige Höhen beinhaltet, zu welchen die Stimme passend aufgewärmt sein muss. Die solide Technik Kaufmanns, der sowohl den Tenor als auch den Alt- bzw. Baritonpart übernimmt, beeindruckt sehr. Die dunkle Stimmfärbung und deutliche Diktion überzeugen ebenfalls. Rieder hat das Orchester, welches den Sänger nie zudeckt, stets im Griff. Leider machen der Gesang und das Dirigat an jenem Abend einen zu routinierten Eindruck. Es fehlt ein wenig an Spontanität und Ausdruck. Jedoch lindert dies den Musikgenuss nur geringfügig.

Das Publikum lässt sich am Ende des Konzerts zu einem herzlichen Applaus hinreissen, welcher den Musikabend beschliesst.




 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
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