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Abendzeitung, 05.02.2018 |
Michael Bastian Weiß |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Philharmonie am Gasteig, München, 4. Februar 2018
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Diana Damrau und Jonas Kaufmann singen Hugo Wolf |
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Halb neckisch, halb verletzt singt Diana Damrau ihren Liedpartner Jonas
Kaufmann an und wirft ihm vor, dass dessen Mutter zwischen ihnen stehe. Der
Tenor reagiert mit beschwichtigenden Gesten und stimmt darauf einen
Liebesgesang an. Später beklagt er jedoch mit vorwurfsvoller Miene, dass er
nicht mehr singen könne, und die Sopranistin antwortet mit einem im Staccato
gemeckerten „Schweig' einmal still“.
Nach dem Zoff ist die Versöhnung
umso schöner: Die gespielte Turtelei zwischen Damrau und Kaufmann könnte so
auch auf der Opernbühne stattfinden. Die beiden lassen nichts unversucht,
das „Italienische Liederbuch“ von Hugo Wolf für das Publikum möglichst
kurzweilig aufzubereiten.
Es war eine gute Idee, die originale
Reihenfolge so umzustellen, dass einzelne Lieder aufeinander antworten
können und sich somit Stationen einer imaginären Handlung abzeichnen. Und
doch bleibt eine Schwemme von nicht weniger als 46 Miniaturen zu bewältigen,
die nicht wirklich mit melodischem Schmelz verwöhnen. Vielleicht schießt das
dynamische Duo deshalb in Einzelfällen beim Vermitteln ein wenig über das
Ziel hinaus, wenn ein Text, in dem von bitterer Armut die Rede ist, von ihr
ins Humoristische gezogen wird und er sich an einer ähnlichen Stelle allzu
derbe auf die Schenkel klopft.
Verspielt und seriös
Doch Hugo
Wolf ist den beiden offenkundig ein Herzensanliegen, und tatsächlich treffen
Damrau und Kaufmann dessen besonderen Tonfall mit instinktiver Sicherheit.
Mit großer gestalterischer Raffinesse halten sie dabei die ausgeklügelte
Balance von Musik und Text in der Schwebe.
Dass ihre Stimmtypen
unvereinbarer kaum sein könnten, wirkt belebend: Damrau gibt mit ihrem
pastellfarbenen Sopran, der noch immer ins leichte Fach gehört, die muntere,
verspielt zwitschernde Jugendliche, Kaufmann bringt mit seiner angenehm
bronzenen Färbung und der stabilen, fast baritonalen Tiefe genügend
Seriosität mit ein und schafft so einen wertvollen Kontrast. Es ist an
diesem Abend der Wille beider, soviel wie möglich leise zu singen. Auch
Helmut Deutsch begleitet sensibel, doch ohne Sinn für orchestrale Effekte,
rhythmisch manchmal etwas müde.
So entgehen die drei nicht immer der
Gefahr, dass sich Hugo Wolfs delikate Liedkunst in den Weiten der
Philharmonie etwas verliert. Für dessen „Spanisches Liederbuch“, das man in
dieser Besetzung gerne einmal hören würde, sollte man dann lieber das
Prinzregententheater buchen.
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