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Frankfurter Rundschau, 12.2.2018 |
Von Bernhard Uske |
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Wolf: Italienisches Liederbuch, Frankfurt, Alte Oper, 10. Februar 2018
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Die kleinen Dinge teils zu groß |
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Diana Damrau und Jonas Kaufmann mit Hugo Wolfs „Italienischem
Liederbuch“. |
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Das sogenannte „Italienische Liederbuch“ sind 46 Lieder, für eine Singstimme
und Klavier, Texte italienischer Volkspoesie in Nachdichtung von Paul Heyse
und in zwei Schüben 1890/91 und 1896 von Hugo Wolf vertont. Unfixiert in der
Abfolge, was jede Aufführung zu einer je eigenen Schnittfassung macht.
In aller Regel greift bei diesem LIederbuch das
Sopran-Tenor/Bariton-Reißverschlussverfahren, dem, mit geringen Ausnahmen,
auch die Aufführung durch Diana Damrau und Jonas Kaufmann im Großen Saal der
Alten Oper folgte.
Fast jede Aufführung beginnt mit dem
programmatischen „Auch kleine Dinge können uns entzücken“, worin anhand von
Perle, Olive und Rose die Wolf-Ästhetik einer miniaturisierten Konzentration
trefflich vermittelt ist. Epische Vokalität im Sinne des Brecht-Satzes „Das
Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.“ Dabei herrscht das
Prinzip der sinngetreuen Sprachbehandlung ohne Ziselierung und ausgebaute
Dramatik. Die ist in einer Art artistischer Arbeitsteilung dem Klavier
übertragen. Die Sprachmelodie der Texte steuert die Melodik des
Gesangsparts, der oft wie in den Klaviersatz hineinkontrapunktiert wirkt.
Helmut Deutsch, der begleitende Pianist, hielt sich da eher zurück und
stutzte seine Stimme auf klassische Begleitung. Natürlich – hier singen die
angesagten Stars des Musikbetriebs und sie wurden ihrem Nimbus einigermaßen
gerecht.
Kleine Dinge in großen Stimmen – das gelang Jonas Kaufmann
besser als seiner Partnerin, deren Sopran für eine wortgesungene
1:1-Relation oft zu dramatisch ist. Das Lakonische, Spöttische, Kesse und
Unverfrorene vieler der Stücke gelingt zudem nur bedingt. Fast ließe sich
sagen, dass die Stimme nicht kühl, nicht männlich genug ist. Und das
absolute Wolf-Ideal von Irmgard Seefried (zusammen mit Dietrich
Fischer-Dieskau und Erik Werba) bleibt weiterhin unerreicht: vibratolos,
makellos offen, direkt in Zartheit und Attacke. Im für die hohe Stimme
heikelsten Stück, „Mir ward gesagt, du reisest in die Ferne“ hatte Damrau
die Intonationstoleranz obendrein deutlich überschritten. Jonas Kaufmann bot
schöne Piano-Legierungen, blieb ganz textdirekt, wenngleich seine Mimik in
der auf Paar-Interaktion getrimmten Podiums-Präsenz beliebig war und mehr
den Charme einer zum Animiertsein aufgeforderten Sportskanone versprühte. Da
punktete Diana Damrau mit Verhaltenheit und Konzentration, der nur alles
Sarkastische und Schnippische zu bieder geriet.
Die Verfärbungen in
der lauten Höhe, die die Stimmen wie enthäutet und latent klirrend zeigten,
waren dem für vokale Finessen unzuträglichen Großen Saal geschuldet.
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